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Streit um Millionenerbe einer Wiener Witwe geht weiter

Sechseinhalb Jahre soll eine 37-jährige Krankenschwester ins Gefängnis, weil sie sich mit einem gefälschten Testament und gefälschten Adoptionsverträgen das Erbe einer reichen Wiener Witwe erschlichen haben soll. Nun will sie eine Wiederaufnahme des Verfahrens.

Die 37-Jährige war bis September 2006, als die Witwe starb, als Pflegerin im Haus der Frau tätig. Obwohl der Schuldspruch wegen versuchten schweren Betrugs – es geht um nicht weniger als 5,36 Millionen Euro – längst bestätigt wurde, hat die Frau ihre Strafe bisher nicht angetreten. Vielmehr wurde am Mittwoch im Straflandesgericht über eine Wiederaufnahme des Verfahrens verhandelt.

Nach Ansicht der Rechtsvertreter der 37-Jährigen gibt es erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des an sich rechtskräftigen Urteils. Zum einen wurden insgesamt drei Privatgutachten vorgelegt, die zum Schluss kamen, dass die Feststellungen des offiziellen Gerichtsgutachters, die zum Schuldspruch der Krankenschwester geführt hatten, möglicherweise unzutreffend waren.

Adoptionsverträge und Testament sollen gefäsclt worden sein

Der vom Gericht bestellte Sachverständige hatte erklärt, die Unterschriften der im 80. Lebensjahr verstorbenen Döblinger Hofratswitwe Erika B. wären sowohl im Testament, mit dem sie ihre Pflegerin zur Alleinerbin eingesetzt haben soll, als auch in den Verträgen, mit denen sie die Frau adoptiert hatte, von fremder Hand nachgemacht worden. Die Staatsanwaltschaft Wien und auch die Gerichte kamen daraufhin zum Schluss, die Pflegerin habe das sie begünstigende Testament selbst aufgefasst und mit verfälschten Unterschriften der Erblasserin die rechtmäßigen Erben um die Millionen gebracht.

Gutachten von neuen Sachverständigen widerlegt

Vor allem eine Expertise des Schriftsachverständigen Erwin Sadorf vom Februar 2011 nährte allerdings Zweifel an den Ausführungen des Gerichtsgutachters. “Der Behauptung des Vorliegens von gefälschten Unterschriften von Frau Erika B. erfährt aus schriftvergleichender Sicht keine beweiserhebliche Stützung. Vielmehr ergibt sich ein Befundbild, welches in weiten Teilen mit der zuletzt sehr gestörten und beinahe völlig entindividualisierten Unterzeichnungsweise der Namenseignerin kompatibel ist. Obgleich die Urheberschaftsfrage materialbedingt letztlich offen bleiben muss, spricht einiges dafür und nichts dagegen, dass das fragliche Testament und auch die beiden fraglichen Adoptionsverträge von Frau Erika B. selbst unterzeichnet wurden”, ist dem Privatgutachten zu entnehmen.

gericht prüft Wiederaufnahme – Entscheidung in einigen Wochen

Da darüber hinaus ein Zeuge, der im Rahmen der Hauptverhandlung gegen die Krankenschwester ausgesagt hatte, mittlerweile seine ursprünglichen Angaben widerrufen haben soll, bewilligte das Wiener Straflandesgericht die Prüfung einer Wiederaufnahme. Der Vollzug der Strafe wurde bis zur Klärung dieser Frage ausgesetzt, wovon nicht nur die Pflegerin, sondern auch drei Mitangeklagte profitierten, die als angebliche Testamentszeugen des rechtmäßige Zustandekommen des “letzten Willens” der Witwe bezeugt hatten und dafür zu jeweils 18 Monaten unbedingter Haft verurteilt worden waren. (apa)

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