Spenden für Arme wurden verprasst
Staatsanwalt Hans-Christian Leiningen-Westerburg legt der ehemaligen Präsidentin und Direktorin von „World Vision Österreich“ sowie ihrem Projekt-Manager Untreue zur Last: Mindestens 1,012.429,15 Euro sollen sie verwendet haben, „um ihre Schulden zu bezahlen bzw. ihr luxuriöses Leben zu finanzieren“, heißt es in der Anklageschrift.
Mitangeklagt ist auch die frühere Finanzchefin, eine 33-jährige Betriebswirtin. Die Verhandlung ist auf vier Tage anberaumt und soll am Donnerstag zu Ende gehen.
Reisen und Strafzettel mit Spenden bezahlt
Martina Taurer-Krones stand von 1995 bis 1998 an der Spitze der Hilfsorganisation. Penibel hat Staatsanwalt Hans-Christian Leiningen-Westerburg aufgelistet, wofür Spendengelder unter anderem herangezogen worden sein sollen: Demnach flossen 8.600 Euro in einen Trip nach New York, wobei Martina Taurer-Krones als Verkehrsmittel die Concorde wählte. Über 13.000 Euro sollen für Ferien der Familie in Korfu, Venedig und Paris herangezogen worden sein. Strafmandate wurden laut Anklage aus der Vereinskasse bezahlt.
Als schließlich der Dachverein die Finanzgebarung kontrollierte, legte die Direktorin eigenhändig gefälschte Belege vor. Ihr Problem sei gewesen, dass etliche Originale nicht mehr aufzutreiben waren, nachdem man die Buchhaltung ausgelagert hatte: „Die Grundlage jeder Buchhaltung ist ein Beleg. So wurde das auch gehandhabt. Die Belege wurden auch abgelegt. Wo die in den letzten fünf Jahren herummarschiert sind, weiß ich nicht, Herr Rat. Ich schwör’s.“
“Ich sehe mich als Opfer”
Martina Taurer-Krones stellte in ihrer Einvernahme „den Skandal, wenn man so will“ vor allem als Resultat einer beinharten Auseinandersetzung zwischen „ihrem“ Verein und der in Kalifornien beheimateten Dachorganisation dar. Sie habe es nicht länger hinnehmen wollen, dass Projekte in der Dritten Welt einen derart hohen Verwaltungsaufwand mit sich brachten, dass dieser einen Großteil der Spenden verschlang.
Sie habe außerdem verlangt, man möge ihr nachweisen, wofür die österreichischen Spendengelder konkret Verwendung fanden. Das sei aber schwer möglich gewesen, da die Summen auf ein Zentralkonto flossen. Sie habe deswegen selbstständig mit speziellen Schwerpunkten direkt vor Ort arbeiten wollen.
„Da ist es zum Eklat gekommen“, erklärte die Angeklagte. World Vision International habe an ihr „ein Exempel statuiert. Ich sehe mich als Opfer.“
Für den Verein falsch geparkt
Die inkriminierte Euro-Million, an der sich die Familie Taurer-Krones „bedient“ haben soll, sei in „humanitäre Projekte“ und nicht in private Kreditrückzahlungen geflossen, betonte die frühere Präsidentin. Kaum einen Anklagepunkt ließ die eloquente und bestens vorbereitete 42-Jährige gelten. Zu den Polizeistrafen räumte sie beispielsweise ein: „Scheußlich! Es schaut unschön aus. Schiach, ganz ehrlich“. Dahinter sei jedoch Folgendes gestanden: Sollte man sich in einer Parkgarage einmieten? Für einen Abstellplatz bezahlen? Kilometergeld verrechnen? Oder eben falsch parken, wenn die Zeit drängte?
Man habe sich für die letzte Variante entschieden, wenn auch die Optik jetzt nicht gut rüber komme: „Aber wenn ich verdammt noch mal falsch park’ für den Verein, mach ich diese unschöne Handlung.“ Sie sei eben „kein Buchhalter-Typ, ganz ehrlich“.
Zum Flug mit der Concorde: “ich wollte wissen, wie das ist”
Zum Flug mit der Concorde bemerkte die einstige ÖH-Politikerin:
„Ich wollte wissen, wie das ist. Der Rausch der Geschwindigkeit, hör ich den Knall?“ Immerhin sei sie rund um die Uhr beschäftigt gewesen, habe kein Wochenende gekannt, sich mit dem Verein voll und ganz identifiziert. Und der Job habe ihr großen Spaß gemacht: „Es ist ein anderer, als Schaffner bei der ÖBB zu sein.“
Wolfgang Krones “fühlt sich nicht schuldig”
Wolfgang Krones gab sich zwar weniger selbstbewusst als seine Frau, inhaltlich waren die beiden jedoch auf der selben Linie. Mit leisen, bedächtigen Worten erklärte der ehemalige Projekt-Manager der Hilfsorganisation: „Strafrechtlich schuldig fühl ich mich nicht.“
Ihm legt die Anklage vor allem ein zumindest nach Dafürhalten der Staatsanwaltschaft unsauberes Geschäft mit der Paneuropa-Bewegung zur Last: World Vision übernahm für den an sich sehr gut betuchten Verein Druckerei- und Portokosten jenseits der 30.000 Euro-Grenze. Allerdings nicht um Gottes Lohn, wie das Ehepaar Taurer-Krones unterstrich: Im Gegenzug hätte man Zugang zur Paneuropa-Adresskartei erhalten sollen, womit man in der Lage gewesen wäre, gezielt wohlhabende Personen um Spenden anzuschreiben.
Im Übrigen machte der 51-Jährige geltend, einen Urlaub in Venedig zwar mit der World Vision-Kreditkarte beglichen zu haben. Doch es habe sich nur um eine „Vorfinanzierung“ gehandelt: „Am Jahresende haben wir die Privatausgaben immer zurück gezahlt.“
Link:www.worldvision.at
Redaktion: Birgit Stadtthaler