AA

Behinderte kämpfen weiter um ihre Rechte

Diamantopoulou vergleicht den Abbau von Vorurteilen mit dem Bohren besonders dicker Bretter. „Behinderung wird fälschlich als Unfähigkeit oder mangelnde Fähigkeit angesehen".

Gegen diese falsche Sichtweise müsse immer wieder angekämpft werden. Dazu diente auch das von den EU-Staats- und Regierungschefs proklamierte europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen (EJMB) 2003. Bei den Abschlussveranstaltungen in Rom forderten die Teilnehmer gleiche Chancen in allen EU-Staaten.

„Auf tausenden Veranstaltungen zeigten Menschen mit Behinderungen ihre vielfältigen Fähigkeiten, Leistungen und Hindernisse in ihrem Leben”, zieht Diamantopoulou Bilanz. Dabei habe sich herausgestellt:

Viele technische Errungenschaften – wie ebenerdige Aufzüge, Bahnen und Busse mit Rampen oder stufenlosem Zugang, elektronische Geräte, die ihre Funktionen nicht nur anzeigen, sondern auch ansagen – erleichtern Behinderten ihren Alltag, aber in zahlreichen anderen Bereichen müssten sie weiter um ihre Rechte kämpfen.

Dabei bringen die mehr als 50 Millionen behinderten Menschen in den USA nach Angaben von Judith Heumann jährlich bis zu 200 Milliarden Dollar (160 Mrd. Euro) zusätzlich in den Wirtschaftskreislauf. Die Rollstuhlfahrerin und ehemalige Vizebildungsministerin von Bill Clinton setzt sich heute als Expertin bei der Weltbank für die Förderung behinderter Menschen ein. „In Europa sind rund 40 Millionen behinderte Menschen ebenfalls ein beachtlicher wirtschaftlicher Faktor”, sagt Marie Therese Kepners, Generalsekretärin des Europäischen Behindertenforums (EBF) in Brüssel.

Als Erfolge bezeichneten beide die neuen Antidiskriminierungsgesetze in Belgien, Bulgarien, den Niederlanden und Spanien. Sozialkommissarin Anna Diamantopoulou hofft nun, dass die anderen EU-Länder die Richtlinie gegen Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf vom 27. November 2000 bald in nationales Recht umsetzen. Großbritannien will sein Antidiskriminierungsgesetz zum Herbst 2004 weiter ausbauen. Dort arbeiten zum Beispiel behinderte Journalisten in einem Netzwerk zusammen. „Wir bieten mit zunehmendem Erfolg Beiträge in allen Sparten an, in denen die Macher ihr Handicap nicht verbergen”, berichtete Jenny Stevens beim Abschlusskongress in Rom.

Auch Schweden hat die Rechte der Behinderten erweitert, deren Einhaltung ein Ombudsmann überwacht. Dort bekommen die auf Pflege angewiesenen Menschen trotz Sparzwang monatlich ein persönliches Budget, um Hilfskräfte selbst anzustellen, berichtete Adolf Ratzka. Der aus Deutschland stammende promovierte Soziologe leitet in Stockholm das Institut für unabhängiges Leben. Dagegen können in Österreich blinde Menschen nicht Richter, Gehörlose nicht Gebärdenspracheausbilder und Querschnittsgelähmte nicht Lehrer werden.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Behinderte kämpfen weiter um ihre Rechte
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.