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Neue „Opferstrategie“ Le Pens bei Wahlen?

Einen Monat vor den französischen Regionalwahlen ist die Kandidatur des Chefs der rechtsextremen „Nationalen Front" (FN), Jean-Marie Le Pen, gefährdet.

Der Präfekt der wichtigen Südostregion Provence-Alpes-Cote-d’Azur (PACA), deren Präsidentschaft Le Pen wie schon vor sechs Jahren anstrebt, entschied am Mittwoch aus formalen Gründen, den FN-Vorsitzenden nicht als Kandidaten registrieren zu lassen. Le Pen habe nicht den vorgeschriebenen Nachweis erbracht, dass er dort wohnsteuerpflichtig sei. Die Regional- und Kantonalwahlen finden am 21. und 28. März statt. Le Pen führte die Entscheidung umgehend auf „Anweisungen” der Staatsspitze zurück.

Kritiker Le Pens sehen in der Kontroverse eine Strategie der FN am Werk, sich erneut als „Opfer des Systems” auszugeben. Le Pen hat bis Ende Februar Zeit, seine Unterlagen zu vervollständigen. Der FN-Chef kann ein Verwaltungsgericht sowie in letzter Instanz den Staatsrat (oberstes Verwaltungsgericht in Paris) anrufen.

Bei den Regionalwahlen dürften sich nach vorläufigen Umfrageergebnissen die regierende bürgerliche Rechte und die oppositionelle Linke ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, die extreme Rechte käme auf 16 bis 22 Prozent der Stimmen. Die Linke wird vom gegenwärtigen Regionalpräsidenten, dem ehemaligen sozialistischen Justizminister Michel Vauzelle, angeführt, die Bürgerlichen von Renaud Muselier von der konservativen Regierungspartei UMP.

Der 75-jährige Le Pen, der in einer luxuriösen Villa in Saint-Cloud bei Paris residiert, hat bisher nicht den Nachweis geliefert, dass er entweder seinen Hauptwohnsitz in der PACA-Region (Hauptstadt: Marseille) hat oder dort steuerpflichtig ist. In seinen Unterlagen für die Kandidatur hatte Le Pen Räumlichkeiten seiner Partei in Nizza als „persönliche Adresse” angegeben, was die Behörden nicht akzeptieren konnten.

Vauzelle sagte am Mittwoch, die Schwierigkeiten Le Pens mit der Kandidatur nützten der extremen Rechten, denn „man redet seit drei Wochen über nichts anderes mehr und man wird auch bis zum Ende des Wahlkampfs über nichts anderes reden”. Premierminister Jean-Pierre Raffarin zeigte sich erstaunt über die Schwierigkeiten Le Pens, der das Verfahren zur Wahlzulassung doch genau kennen müsste. „Ich weiß nicht genau, welches Spiel er spielt”, sagte der Regierungschef im Rundfunk. Justizminister Dominique Perben erklärte, Le Pen gehe es darum, wieder „in die Rolle des Opfers” zu schlüpfen.

Bereits vor der Präsidentschaftswahl vor zwei Jahren hatte Le Pen wochenlang Spekulationen aufrecht erhalten, er würde möglicherweise nicht die für die Kandidatur benötigte Zahl von Unterstützungsunterschriften politischer Mandatsträger erhalten. Der FN-Chef hatte dann im April 2002 im ersten Durchgang der Präsidentenwahlen landesweit das zweitbeste Ergebnis erzielt – knapp vor dem Kandidaten der Sozialisten, dem damaligen Premierminister Lionel Jospin.

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