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Dutroux-Prozess: Besichtigung des Kellers

Ortstermin des Grauens im Dutroux-Prozess: Am morgigen Dienstag werden sich rund 110 Beteiligte des Verfahrens mit zwei Bussen auf den Weg nach Marcinelle machen.

Im dem Stadtteil von Charleroi in Südbelgien, im Haus in der Avenue de Philippeville 128 sollen sie sich das Kellerverlies anschauen, in dem der Hauptangeklagte vier der sechs entführten Mädchen gefangen hielt. Dutroux selbst und seine drei Mitangeklagten werden ebenfalls nach Marcinelle gefahren.

Schäbige Industriestadt

Das in rotem Backstein gebaute Reihenhaus liegt in einer schäbigen Gegend der Industriestadt. Gegenüber dem Haus verläuft eine Bahntrasse, in unmittelbarer Nähe rauschen Tag und Nacht Autos über den auf Stelzen verlaufenden Innenstadtring. An die schrecklichen Ereignisse von 1995 und 1996 erinnert ein mit Blumen geschmücktes Mahnmal auf dem Gehweg. Auf einer Tafel steht dort „In Gedenken an alle Kinder, Opfer von Pädophilen“.

Fotos der Opfer

Acht Jahre nach der Festnahme Dutroux’ gleicht das Haus einer Ruine. An der mit einer großen Sperrholzplatte gesicherten Haustür ist ein Plakat mit Fotos der sechs Opfer angebracht. Darauf geschrieben steht „Gerechtigkeit für unsere Kinder“.

Am unteren Rand sind die Fotos der vier Angeklagten, gemalte Gitterstäbe vor ihren Gesichtern. Der Rollladen des großen Fensters neben der Tür ist heruntergelassen. Auf einer angeschraubten Spanplatte haben Passanten ihr Mitgefühl zum Ausdruck gebracht. „In Gedenken an Julie und Melissa“, steht da geschrieben, „Wir werden Euch nie vergessen“.

Bekannt wegen des Kellers

Das Nachbarhaus zur Linken hebt sich optisch von der ansonsten düsteren Zeile ab. Die Bewohnerin ließ die ganze Fassade in leuchtendem Blau anmalen. Vor zwei Jahren kaufte die Frau das Haus zu einem günstigen Preis und zog ein, wie ihre in Frankfurt am Main lebende Tochter berichtete. Damals habe ihre Mutter einfach nicht gewusst, dass das Nachbarhaus in ganz Belgien berüchtigt ist, berüchtigt vor allem wegen seines Kellers.

Gut getarnt

Das teuflisch ausgetüftelte Verlies ist einen Meter breit und 2,15 Meter lang. Es ist von den übrigen Kellerräumen nicht sichtbar. Dutroux hatte den Zugang mit einer Regalwand getarnt, die sich herausnehmen lässt. Das mit einer Gittertür gesicherte Verlies ist dann über einen kleinen Gang erreichbar. Im Inneren hatte Dutroux auf dem Boden ein Nachtlager hergerichtet. Zudem sorgte er für Luftzufuhr und Elektrizität. Ein Kübel fungierte als Abort.

Einblick ins Grauen

Die Besichtigung des Kellers hatte der Vorsitzende Richter Stephane Goux angesetzt, um vor allem den Geschworenen einen direkten Einblick in das Grauen zu ermöglichen. Sie werden in Vierergruppen den Keller besichtigen.

Da es sich um einen regulären Prozesstag handelt, müssen alle Beteiligten mit nach Marcinelle fahren, einschließlich der Eltern von An und Eefje sowie Sabine und Laetitia, die als Nebenkläger auftreten. Die Umgebung des Hauses ist zurzeit der Begehung weiträumig abgesperrt. Rund 300 Sicherheitskräfte sollen dafür sorgen, dass Zwischenfälle ausbleiben.

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