AA

Pflegeskandal: Häupl übernimmt Verantwortung

Michael Häupl &copy APA
Michael Häupl &copy APA
Personelle Konsequenzen nicht ausgeschlossen - Bürgermeister will Pflege zu Hause forcieren - Häupl: Persönlicher Einblick schwierig - Besuch des Bürgermeisters im Pflegeheim nie alltägliche Situation.

Im Wiener Rathaus hat am Donnerstag Vormittag die mit Spannung erwartete Befragung von Bürgermeister Michael Häupl (S) im Lainz-U-Ausschuss begonnen. Der Auftritt Häupls vor der – wie sie offiziell heißt – gemeinderätlichen Untersuchungskommission sorgte wie erwartet für beträchtliches Medieninteresse. Der Wiener Bürgermeister stand zu Beginn der Sitzung zunächst dem Vorsitzenden, Karlhans Körber, Rede und Antwort.  
  

Dabei betonte Häupl, dass in Zukunft weniger die Spitalspflege im Vordergrund stehen sollte, sondern die Betreuung älterer Personen zu Hause. „Die Menschen sollen so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung bleiben“, so Häupl. Er verwies dazu auf jenes Programm, das im Rahmen der so genannten Pflegemilliarde finanziert und umgesetzt werden soll.  
  

Persönlicher Einblick schwierig 
  

„Inwieweit haben Sie sich in Fragen des Gesundheitswesens für die Geschäftsführung des jeweiligen amtsführenden Stadtrates informiert?“, lautete die erste Frage, die der Vorsitzende der Lainz-Kommission, Karlhans Körber, an den Wiener Bürgermeister richtete. Der prominente Zeuge versicherte, dass er „selbstverständlich“ Anteil an der Arbeit aller Stadträte nehme. Es gebe regelmäßige Treffen, wo er informiert werde. Persönlich sei seine Anwesenheit in Geriatriezentren auf wenige Male beschränkt gewesen.  
  

Aus eigener Wahrnehmung könne er nicht viel sagen. „Es gibt in der Politik so wie in der Physik eine Art Unschärferelation“, meinte Häupl. Das bedeute: Wenn er ein Pflegeheim besuche, lerne er im Regelfall nicht die alltägliche Situation kennen. Er sei über diesen Bereich jedoch auch über Berichte oder Gemeinderatsbeschlüsse unterrichtet worden, betonte der Bürgermeister.  
  

Steigender Bedarf an Betreuung 
  

Die Nachfrage nach einer Betreuung für ältere Menschen werde in hohem Ausmaß steigen, so Häupl. Neben der Pflege zu Hause sollen in Zukunft auch „Wohnformen nicht alltäglicher Art“ gefördert werden, also etwa Wohngemeinschaften. „Das ist mir aus meiner Jugend noch geläufig, ist aber auch bei Älteren eine sehr gute Sache“, zeigte sich Häupl überzeugt. Im Bereich stationärer Pflege sollen verstärkt dezentrale Einrichtungen kommen, mit „spitalsähnlichen Strukturen“.  
  

Die Geriatriereform die Häupl Anfang des Jahres unter dem Titel „Pflegeoffensive“ angekündigt hat, soll bis 2010 umgesetzt sein. Sie betrifft generell den Bereich Pflege und nicht nur die städtischen Einrichtungen. Die Finanzierung werde nicht nur über den Krankenanstaltenverbund (KAV), sondern auch über den Fonds Soziales Wien erfolgen, wie Häupl heute darlegte.  
  

Erhöhung des Pflegegeldes wichtig 
  

Sehr wichtig werde in diesem Zusammenhang sein, wie sich die angekündigte Gesundheitsreform bzw. der Finanzausgleich entwickeln werden. „Ohne entsprechende Erhöhung des Pflegegeldes wird das Unterfangen sicher sehr schwierig, nicht nur in Wien“, sagte Häupl.  
  

Anlass für vom Gemeinderat eingesetzte Kommission sind jene kolportierten Pflegemängel im Geriatriezentrum am Wienerwald (GZW) in Lainz, die vergangen Herbst für Aufsehen gesorgt haben. Der U-Ausschuss soll eine mögliche politische Verantwortung für die Vorfälle untersuchen.  

Häupl übernimmt „politische Verantwortung“

Häupl hat im Rahmen seiner Befragung die „politische Verantwortung“ für die Vorfälle in Lainz übernommen. Man habe im Wiener Pflegebereich viel erreicht, bekräftigte er. Allerdings hätten nicht alle Probleme gelöst werden können: „Selbstverständlich tragen ich und die amtsführenden Stadträte die politische Verantwortung, dass nicht alles umgesetzt werden konnte“, stellte Häupl in der Lainz-U-Kommission klar.

Unzufrieden sei er mit den Ergebnisse des im April veröffentlichten Kontrollamts-Berichts zum Wiener Geriatriebereich, in dem vor allem das Geriatriezentrum am Wienerwald (GZW) kritisiert wird, was vor allem die Führung des Hauses beträfe. Hier seien lediglich “20 bis 25 Prozent“ der Vorgaben aus dem Gemeinderatsbericht „Hilfe im hohen Alter“ von 1993 umgesetzt worden.

Viel kritisierte Achtbettzimmer

Er sei skeptisch, ob die viel kritisierten Achtbettzimmer generell abzuschaffen seien, da sich die Betroffenen oftmals soziale Netze in diesem Umfeld geschaffen hätten. „Man sollte auch auf diejenigen hören, die die Betroffenen sind“, forderte Häupl. Aber natürlich wolle man niemanden verpflichten, in einem Großbettzimmer zu leben.

Personelle Konsquenzen nicht ausgeschlossen

Auf Personalentscheidungen im Zuge der Vorkommnisse wollte sich der Bürgermeister in dem Rahmen der U-Kommission nicht festlegen lassen, schloss diese aber auch nicht dezidiert aus. Das gelte auch für den Direktor des Krankenanstaltenverbundes (KAV), Eugen Hauke, dessen Vertragsverlängerung von der Opposition kritisiert wurde. Diese sei allerdings jederzeit widerrufbar, so Häupl. Er halte sich weiterhin an die Vorgehensweise, erst den Bericht des Kontrollamtes abzuwarten, daraus Konsequenzen festzulegen und sich abschließend die Leute zu suchen, mit denen diese umzusetzen seien.

Redaktion: Bernhard Degen

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Pflegeskandal: Häupl übernimmt Verantwortung
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen