Bundespräsident Joseph Deiss zeigte sich am Montag überzeugt, dass mit diesem Procedere die schwelende Verfahrensdiskussion geklärt und beruhigt sei. Der EU habe die Schweiz signalisiert, dass sie die Abkommen möglichst rasch, aber unter Wahrung der Volksrechte in Kraft setzen wolle.
Es sei das Ziel der Bundesregierung, die Abkommen noch in dieser Woche zu paraphieren, sagte auch Außenministerin Micheline Calmy-Rey. Die Unterzeichnung sei dann für Ende des Sommers geplant. Bis zum 10. ©September könnten sich zudem die Kantone äußern. Der Antrag solle dann den vorberatenden Kommissionen zugleitet werden.
Das Parlament könnte sich so in der Wintersession mit den Abkommen befassen, sagte Calmy-Rey. Angestrebt werde ein schnelles Verfahren. Ein Inkrafttreten ab dem 1. Jänner 2005 sei aber wegen der Referendumsmöglichkeit nicht möglich, sagte Deiss. Die EU ist zeitlich speziell am Zinsbesteuerungsabkommen interessiert und möchte eine rasche Umsetzung.
Der Beschluss der Regierung, die acht Anträge dem Parlament separat zu unterbreiten, widerspreche keinesfalls der üblichen Regierungspolitik, sagte Deiss: Die Regierung habe auch nie von einem einzigen Paket Bilaterale II gesprochen, sondern habe sich lediglich auf einen gleichzeitigen Verhandlungsabschluss aller Dossiers festgelegt. Es handelt sich dabei um die Themen Schengen/Dublin (Polizei- und Asylzusammenarbeit), Zinsbesteuerung, Betrugsbekämpfung, Landwirtschaftsprodukte, Umwelt, Statistik, Medien sowie Ruhegehälter von EU-Bediensteten. Das neunte Abkommen über den Bildungsbereich liegt hingegen in alleiniger Kompetenz der Schweizer Bundesregierung.
Die Frage, welche der acht Abkommen einem (obligatorischen) Referendum unterstellt werden sollen, sei noch in Diskussion, sagte Deiss. Die Entscheidung stehe letzlich dem Parlament zu. Auch noch offen sei eine vorzeitige Inkraftsetzung des Zinsbesteuerungsabkommens. Termin gebe es aber noch keinen.
Alle sieben Mitglieder der Bundesregierung trügen die Bilateralen II mit, sagte der Bundespräsident. Justiz- und Polizeiminister Christoph Blocher, ein erklärter Gegner des Polizeiabkommens von Schengen, sagte, er werde seine Dossiers dennoch auftragsgemäß vor dem Volk vertreten.
Die Aufteilung des Vertragspakets wurde von der FDP (Freisinnige), der SP (Sozialdemokraten) und der SVP (Schweizerische Volkspartei) begrüsst. Die SVP will aber einzelne Abkommen, darunter Schengen, bekämpfen. Die nationalistische Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS), deren Präsident früher Blocher war, fordert gemeinsam mit der SVP für den Beitritt zum Schengener Abkommen ein obligatorisches Referendum.
Die CVP (Christlichdemokratische Volkspartei) und die Grünen dagegen hätten ein Gesamtpaket bevorzugt. Die Verträge seien zusammen ausgehandelt worden und hätten einen internen Zusammenhang, hieß es bei der CVP. Sie hätten dem Parlament und dem Volk auch als Gesamt-Verhandlungsergebnis präsentiert werden müssen.
Die Neue Europäische Bewegung Schweiz (NEBS) zeigte sich befremdet über das geplante Vorgehen. Während die Berner Bundesregierung in Brüssel noch für die gleichzeitige Zustimmung zum Vertragspaket gekämpft habe, sei er jetzt nicht mehr in der Lage, das Gleiche gegenüber der Schweizer Bevölkerung zu tun.