Bei den Kommunalwahlen in England und Wales erlebten sie nach den Hochrechnungen vom Freitag eine beispiellose Niederlage, die Labour hinter die oppositionellen Konservativen und Liberaldemokraten auf den dritten Platz verwies. Dies passierte einer regierenden Partei im Vereinigten Königreich noch nie. Blairs Partei kam bei der Abstimmung vom Donnerstag nach vorläufigen Angaben nur noch auf 26, die Tories auf 38 und die Liberalen auf 30 Prozent.
Das schlechteste Ergebnis seit Menschengedenken für Labour, analysierte der britische Sender BBC den großen Test für die Wahl zum Unterhaus, die für das kommende Jahr anvisiert ist. Liam Fox, Vorstandsmitglied der Konservativen, sprach von einer Katastrophe für Blair, und der Daily Mirror titelte: Blutiger Freitag. Die führenden Köpfe von Labour, allen voran Blair und Innenminister David Blunkett, räumten ein, dass wohl vorrangig der Waffengang im Irak an der Seite der Amerikaner für den Stimmenverlust verantwortlich sei.
Der Premierminister sagte am Rande des G-8-Treffens in den USA, der Irak-Krieg habe einen Schatten auf die Wahlen geworfen. Innenminister Blunkett wurde noch deutlicher: Er sei über den Ausgang der Abstimmung beschämt, es gebe eine Spaltung der Nation und auch seiner Partei über den Einmarsch im Irak. Es war eine schlimme Nacht vor uns, sagte der Minister. Allerdings stärkte er seinem Premierminister den Rücken, der sich nun erneut mit einer öffentlichen und parteiinternen Debatte über einen Führungswechsel konfrontiert sehen dürfte.
Danach gefragt, ob sich Blairs Regierungszeit nach dem miserablen Ergebnis nun dem Ende zuneige, sagte er: Nein, das glaube ich nicht. Und letztlich stimmt es, dass die Konservativen unter ihrer neuen Leitfigur Michael Howard jetzt nicht besser abgeschnitten haben als bei der Kommunalwahl vor vier Jahren. Freuen kann sich hingegen der Chef der Liberaldemokraten, Charles Kennedy, der die Briten aufgefordert hatte, die Wahl als Volksabstimmung über den Irak-Krieg zu nutzen. Seine Partei hatte sich als einzige immer klar gegen den Waffengang ausgesprochen. Für Kennedy bricht nun nach eigenen Worten die Zeit einer Drei-Parteien-Landschaft in Großbritannien an.
Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 40 Prozent. Die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament, die in ganz Großbritannien ebenfalls am Donnerstag stattfanden, sollen erst in der Nacht zum Montag bekannt gegeben werden. Dabei werden der EU-feindlichen Partei UK Independence Party Zuwächse vorausgesagt, die bei den Kommunalwahlen keine Rolle spielte. Denn ein großer Teil der Briten steht nicht nur dem Irak-Krieg kritisch gegenüber, sondern ganz besonders auch der Europäischen Union.