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EU: Beratungen über Vorstrafenregister

Die Einführung eines europäischen Vorstrafenregisters steht im Mittelpunkt der Beratungen der EU-Justiz- und Innenminister am Montag in Brüssel.

Insbesondere Belgien macht nach der Affäre um den mutmaßlichen französischen Kindermörder Michel Fourniret Druck in diese Richtung. Beschlüsse sind am Montag nicht geplant. Für die neue österreichische Justizministerin Karin Miklautsch (F) wird das Treffen der erste Auftritt auf europäischer Ebene.

Belgien beklagt, in der Fourniret-Affäre zu wenig Informationen über die Vorstrafen des in Frankreich verurteilten mutmaßlichen Sexualstraftäter erhalten zu haben. Daher will die Regierung in Brüssel möglichst schnell erreichen, dass der Informationsaustausch über Strafregister unter EU-Staaten vorgezogen wird.

Die EU-Kommission hat vorschlagen, als ersten Schritt ein elektronisches „Informationsnetzwerk“ einzuführen, in das jedes Land Angaben über besonders gefährliche Straftäter einfließen lassen soll. Die nationalen Behörden sollen verpflichtet werden, die Daten einmal jährlich zu aktualisieren. Von der Schaffung eines europäischen Vorstrafenregisters hat die Kommission zunächst Abstand genommen. Sie sei nämlich mit umfangreichen gesetzlichen Vorarbeiten verbunden und daher erst in „mehreren Jahren“ möglich, so ein Sprecher von EU-Justizkommissar Antonio Vitorino am Freitag.

Die EU hat derzeit nur eine rechtliche Grundlage für den Austausch von justiziellen Daten, sprich bei Strafverfahren. Vorstrafen, die in einem Leumundszeugnis angeführt sind, betreffen dagegen die Verwaltung. Genau diese Informationen hätte Belgien im Fall Fourniret nach Auskunft von Experten allerdings benötigt. Die EU-Kommission spricht von einem „Puzzle aus 25 nationalen Regelungen“, die bei Einführung eines europäischen Vorstrafregisters vereinheitlicht werden müssten.

Sprechen werden die Justizminister auch über den Vorschlag der EU-Kommission für eine europäische Beweisanordnung. Damit würden Beweise in Strafverfahren EU-weit gegenseitig anerkannt. Irland hat mit der vorgesehenen Regelung ein Problem, da dort bestimmte Beweise nicht zulässig sind. Durch die EU-Bestimmung würden diese im Ausland aber anerkannt. Österreich hat mit seinen Nachbarstaaten bereits eine weitgehende gegenseitige Beweisanerkennung vereinbart.

Miklautsch will sich bei dem Justizministerrat auch für die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Freiheitsstrafen in der EU einsetzen. Damit würde ermöglicht, dass etwa in Österreich verurteilte ausländische Straftäter ihre Haftstrafen in ihrem Heimatland absitzen müssten. Gleichzeitig sollte österreichischen Straftätern die Integration im Inland erleichtert werden.

Im Mai hatte der Ministerrat den Bau eines Gefängnisses in Rumänien beschlossen. Die Regierung reagierte damit laut Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) auf die gestiegenen Häftlingszahlen in den österreichischen Haftanstalten. Für den Bau gibt es aber noch keinen Zeitplan. Rumänien soll 2007 der EU beitreten.

Ebenfalls auf der Tagesordnung des Ministertreffens steht das Arbeitsprogramm in den Bereichen Justiz und Inneres von 2005 bis 2010. Die niederländische EU-Ratspräsidentschaft hat dabei als Prioritäten neben dem Anti-Terror-Kampf auch die Schaffung einer gemeinsamen EU-Asylpolitik genannt, bei der auch die kontroverse Frage des „Burden Sharing“ (Aufteilung von Asylbewerbern auf die einzelnen EU-Staaten) zur Entlastung der Mitgliedstaaten an der EU-Außengrenze nicht ausgeklammert werden soll. Griechenland wird zudem über seine Sicherheitsmaßnahmen vor den Olympischen Sommerspielen in Athen berichten.

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