Nach Einschätzung der Gewerkschaft ver.di droht in den betroffenen Regionen ein massiver Wegfall von Arbeitsplätzen. Die Erfahrung zeigt, dass man die Zahl der abgezogenen Soldaten mit zehn hochrechnen muss, um eine Größenordnung von Arbeitsplätzen zu erhalten, die mittelbar betroffen sind, sagte ver.di-Experte Wolfgang Brunner am Dienstag.
Bei einem Abzug von US-Truppen sind nicht nur Zivilbeschäftigte der Truppen betroffen, sondern in den jeweiligen Regionen gehen auch Kaufkraft, Steuereinnahmen oder Aufträge für das Handwerk verloren, wie Brunner unterstrich. In Deutschland sind derzeit rund 70.000 US-Soldaten stationiert. Die USA wollen in den kommenden zehn Jahren bis zu 70.000 Soldaten aus Europa und Asien abziehen, darunter nach Angaben aus dem US-Verteidigungsministerium auch zwei Heeresdivisionen mit 30.000 Mann aus Deutschland. Nach noch unbestätigten Medienberichten sollen die 1. Panzerdivision, die mit rund 13.000 Soldaten in Wiesbaden und nahe gelegenen Standorten stationiert ist, sowie die 1. Infanterie-Division mit ähnlicher Stärke aus Würzburg und anderen Standorten in Bayern abgezogen werden. Die US-Truppen in Deutschland sind zum Teil in strukturschwachen Gebieten stationiert, die wirtschaftlich stark auf die Kaufkraft der US-Soldaten und ihrer Familien angewiesen sind.
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des deutschen Bundestags, Reinhold Robbe (SPD), sagte, es sei unklar, ob tatsächlich die Hälfte der in Deutschland stationierten US-Soldaten abgezogen würden. In jedem Fall bedeute es für die Standorte einen herben Schlag, sagte er im Bayerischen Rundfunk. Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) forderte einen nationalen Konversionsplan. Es wäre unverantwortlich, wenn einzelne Standorte über Jahrzehnte in den Dienst der Landesverteidigung gestellt und dann nach dem Abzug des Bündnispartners vom Bund allein gelassen würden, mahnte Stoiber, dessen Bundesland voraussichtlich besonders stark von dem geplanten US-Truppenabbau betroffen sein wird. Eine Sprecherin der US-Army im bayerischen Ansbach sagte, bei der 1. Infanteriedivision sei von der Verlegung nur ein Teil der in Würzburg, Ansbach, Bamberg, Kitzingen und Schweinfurt stationierten Einheiten betroffen. Wenn jemand meint, wir machen morgen zu, dann ist dem nicht so. Ein Großteil der 1. US-Infanteriedivision, die wegen ihrer großen roten Eins als Schulterabzeichen auch Big Red One genannt wird, befindet sich derzeit im Irak.
Ein Abzug der rund 6000 US-Soldaten und ihrer 3000 Angehörigen würde für Würzburg einen erheblichen Kaufkraftverlust bedeuten. Wir hoffen aber, dass uns die US-Army nicht komplett verlässt, sagte Stadtsprecher Ole Kruse. In Rheinland-Pfalz wird aus Sicht des Innenministeriums in Mainz besonders der Hunsrück-Standort Baumholder getroffen. Der Standort wird mit Sicherheit auf Dauer keinen Bestand wie jetzt mehr haben, sagte Staatssekretär Karl Peter Bruch (SPD). Unklar sei die Zukunft der F-16-Kampfflugeinheit in Spangdahlem in der Eifel. Ein Pentagon-Beamter in Washington hatte gesagt, die beiden F-16- Geschwader sollten im Moment noch in Spangdahlem bleiben. Nicht betroffen von Reduzierung der US-Streitkräfte sind die Truppenübungsplätze Grafenwöhr und Hohenfels in Bayern. In das größte US-Militärgelände in Europa soll in den nächsten Jahren rund eine Milliarde Euro investiert werden.
Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Christian Schmidt (CSU), forderte Umstellungshilfen für die betroffenen Regionen. Schmidt kritisierte zudem die US-Pläne. Die USA würden sich so ein Stück aus der NATO-Verantwortung herausnehmen. In der Oldenburger Nordwest-Zeitung bezeichnete er einen Truppenabzug als Gefahr für die Sicherheit Europas. Dem widersprach der Regierungskoordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Karsten Voigt (SPD). Er sieht auch keine Verschlechterung der bilateralen Beziehungen. Deutschland bleibe der größte Stationierungsort der USA in Europa, sagte er im Deutschlandfunk.