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D: Ex-Minister kämpft um seine Ehre

Als es um die Ehre ging, wollte Manfred Kanther nicht sitzen bleiben. Am ersten Tag des Untreue-Prozesses hielt der deutsche Ex-Innenminister stehend und in schneidigem Ton ein 40- minütiges Plädoyer in eigener Sache - völlig unüblich.

Schuldbewusstsein konnten Anklage und Gericht dabei kaum heraushören: Kanther räumte zwar den „politischen Fehler“ der Millionen-Transfers ins Ausland ein, strafrechtliche Vorwürfe wies er aber strikt zurück. Stattdessen beklagte der CDU-Mann eine „rüde Kampagne“ und „absurde Vorwürfe“ gegen sich und seine Familie.

Wie die Rede eines Angeklagten klang das nicht, eher wie einer der zahllosen Land- oder Parteitags-Auftritte des langjährigen hessischen CDU-Chefs. Wie immer in kerzengrader Haltung und mit akkuratem Scheitel sprach Kanther in Erinnerung an die Kinder der Studenten- Revolte vom Kampf gegen den „linkswütigen Zeitgeist der Nach-68er“.

Prozess-Unterlagen trug er in seiner abgestoßenen schwarzen Ledertasche – wie ein Symbol für die fast sprichwörtliche Sparsamkeit, mit der er die Hessen-Partei von 1970 bis 1998 als Generalsekretär und später als Vorsitzender geführt hatte.

Das neue Parteiengesetz nach der Spendenaffäre um den Großindustriellen Flick habe 1983 die Befürchtung aufkommen lassen, dass künftig die Namen von CDU-Spendern „auf dem offenen Markt zerpflückt“ würden, sagte Kanther zu seiner Rechtfertigung.

Nur deshalb habe man 20,8 Millionen Mark in die Schweiz verschoben – um der Hessen-CDU zu nützen, nicht, um ihr zu schaden. „Wir haben keinen Pfennig für uns selbst ausgegeben, sondern das Geld getreulich verdoppelt“, sagte der Verantwortliche des damaligen Geld-Transfers.

Obwohl der hessische CDU-Vorstand und damit ab 1998 auch der neue CDU-Landesvorsitzende, Ministerpräsident Roland Koch, von der geheimen Kasse nichts gewusst habe, sei der CDU dadurch kein Schaden entstanden. Die Millionen seien an die Hessen-CDU zurückgeflossen.

„Oder, Herr Staatsanwalt, nennen Sie einen Fall, wo wir Wünsche des Landesvorstandes abgewürgt haben“, rief Kanther mit erhobenem Zeigefinger in Richtung der Anklage-Vertretung.

Damit versuchte er den Hauptvorwurf der Staatsanwaltschaft auszuhebeln. Die Ankläger sehen die Kanther vorgeworfene Untreue darin, dass er und der damalige Schatzmeister Casimir Prinz zu Sayn- Wittgenstein der Parteiführung ihr Vermögen verheimlicht und damit deren satzungsmäßiges Verfügungsrecht verletzt haben.

So mussten Mitgliederbeiträge erhöht und Kredite geplant werden, obwohl Millionen im Ausland schlummerten. Außerdem hält die Staatsanwaltschaft Kanther, Wittgenstein und dem Geldkoffer-Träger Horst Weyrauch die 21-Millionen-Euro-Strafe vor, die die Bundes-CDU wegen des Hessen-Skandals vom Bundestags-Präsidenten erhielt.

Dies habe niemand vorhersehen können, antwortete Kanther. Die Rechtsauffassung der Bundestagsverwaltung sei „abwegig“. „Ich habe 30 Jahre lang für dieses Land gearbeitet und habe nicht vor, daran einen un-ehrenhaften Akzent hängen zu lassen“, rief der Ex-Minister.

Der Staatsanwalt forderte ihn auf, nach seinen „zu 80 Prozent grundsätzlichen Angaben“ in die Einzelheiten der Vorwürfe zu gehen. Das dürfte den 14 weiteren Prozessterminen vorbehalten bleiben.

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