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D: Struck vor Verteidigungsausschuss

Der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck hat dem Verteidigungsausschuss des Bundestags eine Liste sichergestellter Fotos über Misshandlungen an Rekruten zur Verfügung gestellt.

Struck stand dem Ausschuss am Mittwoch erneut zum Misshandlungsskandal Rede und Antwort. Es würden 30 bis 40 von mehr als 12.000 Ausbildnern überprüft, sagte Struck. „Wer Untergebene misshandelt, hat in der Bundeswehr nichts zu suchen.“

Aus dem deutschen Verteidigungsministerium verlautete, dass insgesamt rund zehn Fälle gemeldet seien, in denen Rekruten misshandelt worden sein sollen. Davon sei ein großer Teil längst disziplinar- und strafrechtlich abgearbeitet. Die Meldungen gingen zurück bis zum Jahr 2000. Auch Struck sagte, es würden kaum neue Fälle bekannt. Von den bisherigen Meldungen seien die meisten schon strafrechtlich abgewickelt. Er rechne aber mit weiteren Meldungen, zumal er die Soldaten aufgefordert habe, bei Verstößen Beschwerden einzulegen. „Wir gehen jedem einzelnen Vorfall nach“, betonte der SPD-Politiker.

Zu den bekannten Fällen gehört offenbar auch ein Bericht über Rekrutenmisshandlung in Stuttgart. Dort soll mit Lehrgangsteilnehmern eine Flugzeugentführung nachgestellt worden sein. Bei den meisten Vorfällen, etwa im nordrhein-westfälischen Coesfeld und Ahlen, im bayerischen Kempten und im niedersächsischen Nienburg, handelt es sich um simulierte Geiselnahmen mit Rekruten. Das Thema Geiselhaft gehöre nicht zur Grundausbildung, bekräftigte Struck. Er bestätigte auch, dass es in der Grundausbildung einen zweistündigen theoretischen Unterricht zu den Fragen Tod, Verwundung und Geiselhaft gebe.

Als Konsequenz aus der Affäre kündigte Struck eine Überprüfung der Dienstaufsicht an. „Es geht um eine bessere Qualität der Ausbildung“, sagte er. Ihm sei „unerklärlich“, wie Ausbildner auf die Idee kommen könnten, mit Rekruten Geiselnahmen nachzuspielen. Es sei schlimm, Menschen in Situationen zu bringen, aus denen sie traumatisiert hervorgingen. Die Fotos, die er dem Ausschuss zur Verfügung stellte, seien aus Abenteuerlust gemacht worden, vermutete er.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Reinhold Robbe (SPD), erwartet Anfang kommenden Jahres erste Ermittlungsergebnisse zu den Misshandlungsfällen. „Ich rechne damit, dass wir im Januar beziehungsweise Februar schon ein ganzes Stück klüger sind“, sagte Robbe am Mittwoch in der ARD. Er geht davon aus, „dass noch mehr Rekruten sich melden, die in irgendeiner Weise sich ungerecht behandelt gefühlt haben“. Die bisher bekannt gewordenen Fälle seien “überhaupt nicht tolerabel“.

Die „politische Führung des Ministeriums“ müsse sich für eine schnelle Aufklärung nun eng mit der militärischen Führung abstimmen. Robbe warnte davor, die Ausbildner, „die ihre Arbeit ordentlich machen“, in einen Topf zu werfen mit „einigen Vorgesetzten, die offensichtlich überfordert sind, charakterlich, vielleicht auch fachlich“. Er hoffe, „dass aus der Krise (…) auch die Chance erwächst, nämlich die Tatsache, dass spätestens jetzt jeder weiß, was seine Pflichten sind, was seine Rechte sind“, sagte Robbe.

Struck gegen Generalverdacht wegen Misshandlungen deutscher Soldaten

Im Zusammenhang mit Soldaten-Misshandlungen bei der deutschen Bundeswehr hat sich der deutsche Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) gegen einen Generalverdacht gegen Ausbildner gewandt. Entscheidend sei es, Verstößen unnachgiebig nachzugehen, sagte er am Mittwoch in Berlin. Die Sitzung des Verteidigungsausschusses des Bundestages, den der Minister über die Anschuldigung in mehr als zehn Fällen informierte, wurde bis 14:30 Uhr unterbrochen; die FDP verlangte mehr Informationen.

Struck sagte am Rande der Sitzung, es sei seine Erwartung und auch sein Ziel gewesen, dass noch mehr Verstöße gemeldet würden, da er die Soldaten in der vorigen Woche zur Offenheit aufgefordert habe. Heeresinspekteur Hans-Otto Budde bestritt, dass die Vorfälle eine Folge der Auslandseinsätze der Bundeswehr seien. „Eine harte einsatzbezogene Ausbildung und die Prinzipien der inneren Führung stehen nicht im Widerspruch“, betonte er in einem Interview mit dem Deutschlandradio Berlin vom Mittwoch. Nach seiner Überzeugung hat sich das Konzept vom „Staatsbürger in Uniform“ bewährt.

Das baden-württembergische Innenministerium teilte unterdessen mit, dass es bei einer Bundeswehrübung auf dem Stuttgarter Flughafen im vergangenen Jahr keine „Scheinerschießungen“ gegeben habe. Allerdings sei die Tötung eines Piloten und zweier Geiseln simuliert worden. „Es ist unabdingbar, dass Übungen so realitätsnah wie möglich ablaufen“, hieß es. Ziel der Übungsleitung sei es gewesen, „die psychologische Fachkompetenz der Kriseninterventionskräfte der Bundeswehr zu überprüfen“.

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