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USA/Irak: "Wahlen werden nicht perfekt sein"

In Anbetracht der eskalierenden Gewalt im Irak hat die US-Regierung eingeräumt, dass voraussichtlich nicht alle stimmberechtigten Bürger an den allgemeinen Wahlen am 30. Jänner teilnehmen können.

„Die Wahlen werden nicht perfekt sein“, gab US-Regierungssprecher Scott McClellan am Mittwoch (Ortszeit) in Washington zu. Unbekannte haben einen Stellvertreter von Großayatollah Ali Sistani, der höchsten religiösen Autorität der irakischen Schiiten, ermordet. Aufständische haben am Donnerstag bei einem Überfall auf ein Hotel in Bagdad sieben irakische Arbeiter getötet und deren türkischen Arbeitgeber entführt.

Der Kommandant der US-Bodentruppen im Irak, Thomas Metz, stufte unterdessen die meisten der 18 irakischen Provinzen als sicher genug ein, um die Wahlen abhalten zu können. In vier Provinzen – Ninive, Anbar, Salaheddin und Bagdad – sei die Sicherheitslage jedoch „problematisch“; dort leben 25 Prozent der irakischen Bevölkerung. Nach Angaben des Weißen Hauses haben sich bisher 14 der 26 Millionen Iraker in die Wählerregister eintragen lassen.

Um die 275 Sitze in der künftigen Nationalversammlung bewerben sich 111 Parteien und Listen. Die Versammlung wird nach dem Verhältniswahlrecht gewählt und soll bis August eine Verfassung verabschieden, über die im Oktober eine Volksabstimmung stattfinden soll. Sollte das Referendum negativ ausfallen, müsste bis 15. Dezember eine neue konstituierende Nationalversammlung gewählt werden. Andernfalls würde dann das erste Parlament der neuen Republik gewählt. Eine Partei der turkmenischen Minderheit, die „Irakische Turkmenen-Front“, drohte am Donnerstag in Kirkuk mit Wahlboykott und warf den Parteien der Kurden Druckausübung vor.

Im Süden Bagdads haben Unbekannte den Sistani-Stellvertreter Scheich Mahmud al Madahaini, dessen Sohn und vier Leibwächter ermordet, als diese am Mittwochabend vom Gebet in Salman Pak zurückgekommen seien, teilte Sistanis Büro in Najaf mit. Auch ein weiterer religiöser Würdenträger sei getötet worden.

Aufständische haben sieben irakische Arbeiter erschossen, die für einen türkischen Bauunternehmer tätig waren, den sie wie jeden Morgen mit einem Minibus von seinem Hotel im Zentrum der Hauptstadt abholen wollten, wie ein Hotelangestellter berichtete. Zehn bewaffnete Männer in zwei Fahrzeugen hätten den irakischen Arbeitern aufgelauert. Sie feuerten mit Maschinengewehren auf den Bus und töteten die sieben Insassen. Anschließend verschleppten sie den ausländischen Unternehmer.

In den sechs Monaten seit dem Amtsantritt der Übergangsregierung von Premier Iyad Allawi haben Aufständische im Irak mindestens 181 Autobomben gezündet und so mehr als 1.000 Menschen getötet. Mehr als 2.000 Menschen wurden dabei seit Ende Juni verletzt, wie eine von der US-Nachrichtenagentur AP (Associated Press) erstellte Statistik ergibt. Bei 68 der Detonationen saßen Selbstmordattentäter in den mit Sprengstoff beladenen Autos, die restlichen wurden anderweitig gezündet.

Europaparlament schickt keine Wahlbeobachter in den Irak

Wegen der anhaltend kritischen Sicherheitslage im Irak werden keine Beobachter aus den Reihen des Europäischen Parlaments zu der dort für den 30. Jänner geplanten Wahl der Verfassung gebenden Versammlung entsandt. Darauf haben sich die Vorsitzenden der acht Fraktionen im Straßburger Parlament am Donnerstag verständigt. EU-Parlamentspräsident Josep Borrell entschied daraufhin, einer entsprechenden Bitte der irakischen Übergangsregierung nicht nachzukommen.

Das Europaparlament hat in den vergangenen Jahren regelmäßig Wahlbeobachter gestellt, zuletzt am vergangenen Sonntag bei der Präsidentschaftswahl in den Palästinensergebieten. Die Europäische Union will dem Irak aber 31,5 Millionen Euro für die Abwicklung des Urnenganges zur Verfügung stellen.

Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wird aus heutiger Sicht voraussichtlich keine Wahlbeobachter in den Irak schicken. Auch sie ist von der Übergangsregierung unter Premier Iyad Allawi dazu eingeladen worden.

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