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G-7 kündigt Schuldenerlass an

Die sieben führenden Industrieländer haben sich zu einem hundertprozentigen Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt bereit erklärt. Wie viel Geld erlassen wird, soll allerdings von Fall zu Fall entschieden werden.

Der britische Schatzmeister Gordon Brown bezeichnete die Vereinbarung auf dem G-7-Finanzministertreffen am Samstag in London als historisch: „Es ist das erste Mal, dass so etwas umfassendes wie ein hundertprozentiger Schuldenerlass in einem G-7-Kommunique erwähnt wird“, betonte er. Ein umfassanderes Hilfspaket scheiterte am Widerstand der USA, woraufhin Deutschland und Frankreich eine Impfkampagne für Afrika in Aussicht stellten.

Wie viel Geld den Entwicklungsländern tatsächlich erlassen wird, soll allerdings von Fall zu Fall entschieden werden. Als Beurteilungskriterien werden in der Abschlusserklärung unter anderem das Vorhandensein solider und transparenter Institutionen und die Ausgabenpolitik des jeweiligen Staates genannt. Der deutsche Finanzminister Hans Eichel relativierte daher den Optimismus von Brown und sagte: „Da liegt noch viel Arbeit vor uns“.

„Wir sind uns einig über eine fallbasierte Analyse der hoch verschuldeten armen Länder, gründend auf unserem Willen, bis zu 100 Prozent multilateralen Schuldenerlass zu gewähren“, heißt es in dem Dokument. Noch am Freitagabend hatte der frühere südafrikanische Präsident Nelson Mandela an die G-7 appelliert, allen afrikanischen Ländern ihre Schulden vollständig zu erlassen. Andernfalls werde es in Afrika keine wirtschaftliche Stabilität geben.

Keine konkreten Ergebnisse wurden im Bestreben um eine Steigerung der internationalen Entwicklungshilfe erzielt. Das Ziel Großbritanniens, die Zahlungen an die armen Länder in einem „Marshall-Plan“ um insgesamt 50 Milliarden Dollar (38 Milliarden Euro) zu erhöhen, scheiterte vorerst am Streit um das Finanzierungsinstrument, genannt International Finance Facility (IFF). Die zusätzlichen Mittel sollten danach durch Anleihen auf den Kapitalmärkten beschafft werden, die dann bis 2030 aus den Entwicklungshilfeetats der wohlhabenden Länder zurückgezahlt werden. Dadurch könnte den britischen Berechnungen zufolge die Hilfe für Entwicklungsländer in den kommenden zehn Jahren verdoppelt werden.

Während Frankreich, Deutschland und Italien die britische Initiative unterstützten, lehnten die USA den IFF-Mechanismus ab. US-Finanzstaatssekretär John Taylor sagte, er sei nicht mit den amerikanischen Haushaltsregeln vereinbar. Beschlossen wurde daher vorerst nur, vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der G-7-Länder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin neben dem IFF weitere Finanzierungsinstrumente zu prüfen.

Deutschland und Frankreich beschlossen daher ein separates Hilfsprogramm, in das eine Steuer auf Flugbenzin oder Flugtickets einfließen soll. Diese Steuer solle mit der britischen IFF-Idee kombiniert werden, verlautete aus französischen Delegationskreisen. Mit der Kombination aus Luftfahrt-Steuer und IFF solle eine Impfkampagne in Afrika finanziert werden, hieß es. Die Initiative solle bis Ende des Jahres zusammen mit einer möglichst großen Zahl von EU-Ländern umgesetzt werden.

Die US-Regierung forderte derweil ein entschlosseneres Vorgehen gegen die Finanzierung des Terrorismus. Terrorgruppen wie alQaeda (Al Kaida) oder Hamas müsse der Geldhahn zugedreht werden, forderte Taylor. Eine Unterbrechung des Geldflusses könne „den endgültigen Zusammenbruch“ solcher Gruppen nach sich ziehen.

Kritik erntete Washington erneut für sein hohes Budget- und Außenhandelsdefizit. In der Abschlusserklärung heißt es, alle Industriestaaten müssten auf ihre Weise zu einem nachhaltigen Weltwirtschaftswachstum beitragen: „Die USA haben sich zur Haushaltskonsolidierung verpflichtet, Europa und Japan zu weiteren Strukturreformen.“ Starke Schwankungen der Wechselkurse für den für „unerwünscht“ erklärt. „Wir bekräftigen, dass die Wechselkurse die wirtschaftlichen Grundlagen widerspiegeln sollen“, hieß es in der Erklärung mit Blick auf den Sinkflug des Dollar.

China, dessen Vertreter an dem Gipfel als Beobachter teilnahmen, riefen die Finanzminister auf, seine Währung Yuan vom Dollar zu entkoppeln. Der stellvertretende chinesische Notenbankchef Li Ruogu wollte sich darauf jedoch nicht eindeutig festlegen. Zwar strebe China einen flexibleren Wechselkurs an, einen Zeitplan dafür gebe es aber nicht.

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