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Beirut: Ex-Präsident Hariri getötet worden

Bei einem Autobombenanschlag sind neun Menschen und der ehemalige Ministerpräsident Rafik Hariri getötet worden.

Eineinhalb Jahrzehnte nach dem Ende des blutigen Bürgerkrieges (1975-90) kehrte am Montag das Grauen nach Beirut zurück: Zerfetzte Leichen, brennende Autos, verwüstete Häuser, ein riesiger Bombenkrater in einem Trümmerfeld. „Es ist, als ob wieder Bürgerkrieg ist … Das ist beängstigend“, zeigte sich der libanesische Parlamentsabgeordnete Karim al-Rasi schockiert. Ungläubig standen Passanten vor der Szenerie des Schreckens an der Beiruter Uferstraße (Corniche) in einem beliebten Touristenviertel mit Hotels und Banken.

Kurz zuvor war dort eine gewaltige Autobombe in die Luft geflogen – nach ersten Erkenntnissen gefüllt mit rund 300 Kilogramm TNT. Unter den Opfern ist einer der einflussreichsten, aber auch umstrittensten Politiker des Mittelmeerlandes: Ex-Ministerpräsident Rafik Hariri. Die Bombe detonierte in dem Moment, als sein Fahrzeugkonvoi vorbeifuhr. Hariri, der es vom Bauernsohn zum Milliardär gebracht hatte, gilt als Architekt beim Wiederaufbau der vom Bürgerkriegs zerstörten östlichen Mittelmeermetropole. Kritiker werfen ihm vor, die Verschuldung des Landes in Schwindel erregende Höhen getrieben und dabei große Teile der armen Bevölkerung insbesondere im schiitischen Süden weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu haben.

Der Regierung in Damaskus war Hariri ein Dorn im Auge. Im vergangenen Oktober hatte der Politiker, der 1992-98 und neuerlich seit 2000 Premier war, nach einem Machtkampf mit dem Syrien-treuen Staatspräsidenten …mile Lahoud sein Amt als Regierungschef aufgegeben.

„Dieses Verbrechen zielt darauf ab, den Libanon zu destabilisieren und zu spalten“, zeigte sich Hariris Gefolgsmann Ghattas Khoury überzeugt: „Das Land geht einer ungewissen Zukunft entgegen.“ Zu dem Anschlag bekannte sich niemand, und die Gerüchteküche blieb zunächst still. Neben dem Iran und der pro-iranischen schiitischen Hisbollah-Organisation beeilte sich Syriens Staatschef Bashar Assad, die Bluttat und die Ermordung Hariris scharf zu verurteilen. Damaskus hält im kleinen Nachbarland seit Jahrzehnten die Zügel in der Hand. Insbesondere die USA haben in den vergangenen Monaten zunehmend ein Ende „des ausländischen Einflusses“ im Libanon gefordert – eine wenig verschleierte Aufforderung an Damaskus, das noch etwa 14.000 Soldaten im Libanon stationiert hat. Frankreich forderte eine internationale Untersuchung des Anschlags.

Die Nachwirkungen der Bluttat auf die einstige „Schweiz des Nahen Ostens“ sind ungewiss. „Die Ermordung Hariris ist jedenfalls ein großer Rückschlag für die Sicherheit des Libanon“, sagte der drusische Parlamentarier und Ex-Minister Marwan Hamade. Politische Beobachter befürchten jetzt, dass die alten Gräben im Libanon wieder aufbrechen könnten. Anhänger Hariris errichteten in dessen Heimatort Sidon (Saida) Straßensperren und setzten Reifen in Brand. Auch in Beirut kam es zu Sympathiekundgebungen für den Toten.

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