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Eskaliert der China-Taiwan-Konflikt?

Das neue Anti-Abspaltungsgesetz ist eine deutliche Verschärfung der Kriegsdrohungen Pekings gegen Taiwan. In Inhalt und Form geht das umstrittene Gesetz über Säbelrasseln hinaus und droht erstmals direkt mit Gewlt.

Während bisher indirekt der Einsatz von Gewalt nicht ausgeschlossen wurde, wird er jetzt direkt angedroht und sogar auf militärische Aktionen wie etwa eine Seeblockade ausgeweitet. Drei vage beschriebene Bedingungen, die zu einem Konflikt führen können, machen Taiwan auch von der Gnade und Interpretation durch die kommunistischen Führer in Peking abhängig.

Mit den „nicht-friedlichen Mitteln und anderen nötigen Maßnahmen“ in dem Gesetz sei wie früher ein Militärschlag gemeint, „doch umfasst diese Formulierung noch mehr“, erklärt der Taiwan-Experte Zhang Tongxin von der Volksuniversität in Peking. „Es gibt viele Methoden, ein Ziel zu erreichen, zum Beispiel auch eine Seeblockade, um Energielieferungen an Taiwan zu stoppen.“ Ein Gesetz habe zudem Bestand. „Eine Politik kann erklärt werden, wie es beliebt“, sagte der Professor. „Aber ein Gesetz kann nur vom Ständigen Ausschuss des Volkskongresses interpretiert werden und muss gesetzesmäßig ausgeführt werden.“

Die Verschärfung der Pekinger Haltung ist eine Reaktion auf zunehmende Unabhängigkeitsaktivitäten in Taiwan, wie Vizeparlamentschef Wang Zhaoguo sagte, als er den knapp 3.000 Delegierten den Entwurf vorlegte. Die kommunistische Führung sorgt sich, dass Taiwan im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 in Peking die Grenzen weiter testen wird. Der Sprecher des Volkskongresses warnte Taiwan vor „Fehlkalkulationen“, dass sich Peking deswegen zurückhalten würde. Das Gesetz wurde mit der Warnung vorgelegt, bei der bis 2008 geplanten Reform der veralteten Verfassung Taiwans nicht zu weit zu gehen. Ähnlich wird in Peking die dafür geplante Volksabstimmung gefürchtet. Ohnehin scheint die Demokratie in Taiwan das eigentliche Problem Pekings zu sein, da nur die Kriegsdrohungen und Raketenbatterien an der Küste die Taiwanesen daran hindern, ihren Wunsch nach Unabhängigkeit zu erfüllen.

Die Schuld für eine mögliche kriegerische Auseinandersetzung wird aber taiwanesischen Unabhängigkeitskräften in die Schuhe geschoben, „wenn sie uns keine andere Option lassen, als nicht-friedliche Mittel und andere notwendige Maßnahmen zu ergreifen“, wie Vizeparlamentschef Wang Zhaoguo sagte. Ähnlich wird schon die jetzige Eskalation den Taiwanesen angelastet. Das mit dem Gesetz verbundene Verhandlungsangebot und alle friedlichen Absichten überzeugen die Taiwanesen aber wenig, wenn Peking nicht über seinen Schatten springt. So schlagen unabhängige Experten vor, den strittigen Ein-China-Grundsatz erst einmal beiseite zu lassen und ohne Vorbedingung den Dialog wieder aufzunehmen. Denn immerhin war es Peking, das 1999 die laufenden Gespräche einseitig abgebrochen hatte.

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