Diese soll mehr grenzüberschreitenden Wettbewerb auf dem EU-Markt für Dienstleistungen bringen. Organisator war der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB). Nach Polizeiangaben verlief der Protest friedlich. Auch in Wien gingen mehr als Tausend Menschen auf die Straße, um gegen Sozialabbau zu protestieren.
Wir wollen eine starke Botschaft an die Staatschefs senden, die sich hier in der kommenden Woche versammeln, sagte EGB-Generalsekretär John Monks. Der EU-Gipfel am Dienstag und Mittwoch solle wirklich die Arbeitslosigkeit angehen und der Richtlinie ein Ende bereiten. DGB-Chef Michael Sommer warnte, ein Binnenmarkt ohne soziale Flankierung wird das europäische Projekt zum Scheitern bringen.
ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch sagte im ORF, die EU solle ihre Wirtschaftsfreundlichkeit in Verbindung mit Arbeitsplätzen unter Beweis stellen. Was jetzt passiert, ist eindeutig ein Rückschritt und wir wollen, dass die Politik anders gemacht wird. ÖVP-Europaabgeordneter Otmar Karas bezeichnete die EGB-Demonstration dagegen in einer Aussendung als Populismus und wies darauf hin, dass auch Sozialdemokraten im Europaparlament die Richtlinie unterstützt hätten.
Der stellvertretende Generalsekretär der Wirtschaftskammer, Reinhold Mitterlehner, verwies im ORF auf die Vorteile für die Konsumenten, die durch den stärkeren Wettbewerbsdruck nach der Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes entstehen werden. Preise und Löhne in diesen Branchen werden daher nicht die großartige Dynamik früherer Jahre haben.
Die Dienstleistungsrichtlinie ist nach dem ehemaligen EU-Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein benannt. Sie soll Arbeitnehmern in den Dienstleistungsbranchen mehr Bewegungsfreiheit bringen. In den meisten alten EU-Staaten sorgen sich die Betroffenen allerdings vor nahezu ungezügelter Konkurrenz durch das geplante Herkunftslandprinzip: Demnach könnten etwa Bauarbeiter oder Frisöre aus den neuen EU-Ländern von Polen bis Ungarn ihre Dienste EU-weit zu den in ihrer Heimat geltenden Bedingungen anbieten.
Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und der französische Präsident Jacques Chirac haben bereits energischen Widerstand gegen die Richtlinie angekündigt. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso versprach Nachbesserungen. Das befürchtete Sozialdumping solle verhindert werden.
In Wien demonstrierten nach Angaben der Organisatoren am Samstag 2.500 Menschen gegen Sozialabbau und Krieg. Die Polizei sprach von 1.100 Kundgebungsteilnehmern. Bei der Schlusskundgebung am Stephansplatz sprachen laut einer KPÖ-Aussendung unter anderen die Gewerkschafterin Karin Antlanger (Gewerkschaftlicher Linksblock) und der Betriebsseelsorger Franz Sieder von der Aktionsgemeinschaft Christinnen und Christen für die Friedensbewegung. Beide sprachen sich aus sozialen und friedenspolitischen Gründen gegen die EU-Verfassung aus. Sieder sagte in diesem Zusammenhang, es wäre ein Frevel gewesen, wenn man Gott in diesem Grundgesetz erwähnt hätte.