Am 29. Oktober 2001 wurde eine Wiener Taxilenkerin von einem mit einem Messer bewaffneten Mann überfallen. Drei Jahre später und nach einem Umzug in eine große Wohnhausanlage in Wien-Favoriten glaubte die Frau in einem ihrer Nachbarn den Räuber wieder zu erkennen. Das war ein unglaublicher Schreck für mich. Ich hab mir gedacht, das gibt es nicht, dass er das ist, beschrieb sie nun als Zeugin im Wiener Landesgericht ihre damaligen Gedanken.
Für die Geschworenen stand allerdings fest, dass sich die Frau irrte. Der 47-Jährige wurde am Dienstag einstimmig von der Anklage freigesprochen. Der vorsitzende Richter Wolfrid Kirschner verwies in der Urteilsbegründung auf den Wahrspruch der Laienrichter. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab, der Freispruch ist daher nicht rechtskräftig. Der Mann war in dieser Sache vier Monate in U-Haft gesessen.
Wochenlang hatte die Taxlerin gezögert, ehe sie den Mann zur Anzeige brachte. Er war ihr erstmals aufgefallen, als sie ihren Mist bei den Müllcontainern entsorgte. Man kann auch vor Angst fürchterlich gelähmt sein und nicht wissen, was tun, erläuterte sie in der Verhandlung ihr spätes Handeln.
Zweifel an der Täterschaft dürften den Geschworenen allerdings gekommen sein, als ihnen Verteidiger Andreas Reichenbach ein Foto des Angeklagten zum Tatzeitpunkt vorlegte. Das zeigte einen Mann mit schulterlangem Haar. Die Taxlerin hatte den Räuber unmittelbar nach dem Überfall als einen Ausländer mit kurzen, schwarzen Haaren beschrieben. Ein junges Pärchen, die zufällig Zeugen des Überfalls geworden waren, konnten darüber hinaus den Angeklagten nicht als jenen Mann identifizieren, den sie davonlaufen gesehen hatten.