Bei einer Sitzung des Rates für die deutsche Rechtschreibung am Freitag in Mannheim erzielten Reformbefürworter wie Gegner Einvernehmen über den Haupt-Streitpunkt, die Getrennt- und Zusammenschreibung: Nach den Vorschlägen des Rates sollen wieder mehr Wörter zusammengeschrieben werden und eine stärkere Orientierung am Sprachgebrauch erfolgen, erläuterte der Vorsitzende des Gremiums, der frühere bayerische Kultusminister Hans Zehetmair.
Vorgeschlagen wird, Verben wie heilig sprechen und fertig machen künftig wieder zusammenzuschreiben. Bei kennenlernen schlägt der Rat vor, beide Schreibweisen zuzulassen. Die Vorschläge werden nun Lehrer- sowie Elternverbänden und zum Abschluss der deutschen Kultusministerkonferenz, dem österreichischen Bildungsministerium und der Eidgenössischen Erziehungsdirektorenkonferenz vorgelegt. Mit den Änderungsvorschlägen trete der Rat der Tendenz der Rechtschreibreform entgegen, möglichst viel auseinander zu schreiben, erklärte Zehetmair. Die Sprache sei kein Verordnungsgegenstand, sondern ein organisches Gebilde. Die Konsumenten der Sprache seien nicht nur die Kinder und die Lehrer, sondern auch die breite Öffentlichkeit.
Bei strittigen Wörtern schlug das Expertengremium vor, die Schreibweise bis zur Klärung freizustellen. Außerdem soll in Deutschland bei Silbentrennung und Zeichensetzung an den Schulen solange Toleranz geübt und abweichende Schreibweisen vorerst nicht als Fehler gewertet werden, bis der Rat dazu abschließende Empfehlungen vorgelegt hat. Die größten Teile der Reform wie etwa die neue ss-Schreibung, die verstärkte Betonung des Stammprinzips (Stängel statt Stengel, schnäuzen statt schneuzen usw.) sowie die behutsame Eindeutschung von Fremdwörtern treten wie geplant mit 1. August vollständig in Kraft. Dann endet die siebenjährige Übergangsfrist, während der die bisherigen Schreibweisen als überholt gelten, in den Schulen aber nicht als Fehler gewertet werden.
Ähnliches dürfte auch für Österreich gelten. Prinzipiell werde die Übergangsfrist am 31. Juli auslaufen, hieß es aus dem Bildungsministerium gegenüber der APA. Wenn der Rechtschreibrat aber vernünftige Vorschläge für Änderungen einbringe, werden wir nichts dagegen haben, so ein Sprecher des Ministeriums. Weiterentwicklungen der Reform seien immer möglich. Generell sei man aber in der glücklichen Lage, an den Schulen keinerlei Probleme mit der Umsetzung der Reform zu haben.
Unmittelbar vor der Sitzung des Rechtschreibrates war auch die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung dem Gremium beigetreten. Die Akademie zählt zu den entschiedensten Gegnern der Reform.
Österreichische Vertreter im Rat sind der Wiener Landesschulinspektor und ehemalige Leiter der Zwischenstaatlichen Kommission für die deutsche Rechtschreibung, Karl Blüml, der frühere Unterrichtsminister Helmut Zilk, der ehemalige Wiener Stadtschulratspräsident Kurt Scholz, der Journalist Hans Haider, der Germanistik-Professor Richard Schrodt (Uni Wien), der Autor Ludwig Laher, der Geschäftsführer des Schulbuchverlags öbv&hpt, Georg Glöckler, Günter Lusser von der Pädagogischen Akademie Feldkirch sowie Ulrike Steiner, Redakteurin des Österreichischen Wörterbuchs.