Dutzende Wohnhäuser gehen in Flammen auf. Eine Bäuerin bei Oliveira de Azemeis blickt verzweifelt auf ihren niedergebrannten Garten und meint: In der Bibel brachte die Sintflut das Ende der Welt, jetzt ist es das Feuer.
Das Zentrum Portugals scheint in Flammen zu stehen. Die Verantwortlichen scheinen von der Katastrophe vor zwei Jahren, als ein Flammeninferno acht Prozent der gesamten portugiesischen Waldbestände vernichtete, nichts gelernt zu haben. Portugal läuft Gefahr, sich in wenigen Jahren in eine Steinwüste zu verwandeln, warnt der Biologe Jorge Paiva.
In keinem anderen Land Europas brennen so viele Wälder. In Portugal brechen nach Angaben der Liga für Naturschutz (LPN) pro 1.000 Hektar 22 Mal mehr Waldbrände aus als in Griechenland, 20 Mal mehr als in Italien und sieben Mal mehr als in Spanien. Experten sehen die Ursachen in der Verwahrlosung der Wälder. Man konzentriert sich mehr darauf, Feuer zu bekämpfen als sie zu verhindern, beklagt die Zeitung Publico. Dabei weiß jeder, dass ein Brand, der nicht ausbricht, auch nicht gelöscht werden muss.
Das heißt: Der eigentliche Kampf gegen die Waldbrände müsste nicht im Sommer geführt werden, sondern bereits vorher im Winter und Frühjahr. Es müssten Schneisen angelegt und aus den Wäldern das Gestrüpp beseitigt werden, das in der Sommerhitze den Flammen Nahrung bietet. Aber diese Mühe machen sich viele Waldbesitzer nicht.
In manchen Gegenden hat sich seit 30 Jahren niemand um die Wälder gekümmert, berichtet der Agronom Pedro Cortes. Das Gestrüpp ist zwei Meter hoch. Da reicht ein Funke, und das Ganze verwandelt sich in einen riesigen Feuerball. In Portugal befinden sich 85 Prozent der Wälder in Privateigentum. Die meisten gehören Kleinbesitzern, die den Wald als unrentabel betrachten und aus den Dörfern längst in die Städte gezogen sind.
Waldbrände gehören in Portugal und im benachbarten Spanien zum Sommer wie die Hitze oder die Ferien. Fast immer hat bei den Feuern der Mensch die Hand im Spiel. Nach einer Studie des World Wide Fund For Nature (WWF) in Spanien haben nur vier Prozent der Feuer eine natürliche Ursache, nämlich Blitzschlag. 96 Prozent werden von Menschen ausgelöst.
Etwa jeder zweite Waldbrand geht auf das Konto von Landwirten, die Weiden oder Stoppelfelder abbrennen. Der Immobilienspekulant, der nach klassischer Vorstellung ein Waldstück anzündet, um eine Hotelanlage errichten zu können, ist eher die Ausnahme; denn die meisten Waldbrände brechen in abgelegenen Gegenden aus.
Wenn Feuer vorsätzlich gelegt werden, geht es den Brandstiftern häufig um private Racheakte. Knapp fünf Prozent der Waldbrände werden nach Angaben des WWF von – geistig gestörten – Pyromanen ausgelöst. In den meisten Fällen werden die Brandstifter nie ermittelt. Nur bei einem Prozent der Waldbrände werden Verdächtige festgenommen.