Dies betonte der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi. Er dementierte somit Medienangaben, nach denen er zum Bruch seiner Koalition bereit sei, sollten sich die Regierungsparteien nicht auf die Wiedereinführung des Proporzsystems einigen. Auch wenn die Wahlrechtsreform scheitert, wird es zu keinem Ende der Legislaturperiode kommen. Natürlich wird es Folgen für die Koalition geben, betonte Berlusconi nach Angaben italienischer Medien vom Freitag.
Die christdemokratische UDC, kleinste Partei im Mitte-Rechts-Bündnis, hatte Bedenken gegen die Vier-Prozent-Wahlhürde geäußert, die Berlusconi einführen will. Auch die rechtspopulistische Lega Nord zeigte sich zu mehreren Punkten der Wahlrechtsreform skeptisch, die seit vergangener Woche im römischen Parlament diskutiert wird.
Die Abgeordnetenmandate in Italien wurden bis 1993 zur Gänze per Verhältniswahlrecht bestimmt. Diese Regelung galt als eine der Ursachen für die politische Instabilität des Landes, weil sie vielen Parteien den Einzug ins Parlament ermöglichte und dort für knappe Mehrheitsverhältnisse sorgte.
Mit dem neuen Wahlrecht soll das Mehrheitswahlrecht wieder abgeschafft werden, das derzeit für den Großteil des Senats und weniger als ein Viertel der Sitze in der Abgeordnetenkammer gilt. Ein Gesetzesentwurf sieht auch eine Prämie für den Wahlsieger und eine Vier-Prozent-Klausel vor, die kleineren Parteien den Einzug in die Volksvertretung erschweren soll. Vor allem einige Linksparteien dürften so voraussichtlich nicht ins Parlament kommen.
Die UDC entschloss sich am Donnerstag zur Rücknahme eines Änderungsantrags zur Wahlrechtsreform, mit der sie wieder Vorzugsstimmen einführen wollte. Vorzugsstimmen sollen erst ab 2011 wieder eingeführt werden, lautet ein Projekt, an dem die Wahlrechtsexperten des Mitte-Rechts-Blocks feilen. Ein Proporzsystem ist bestimmt besser als das heutige Wahlrecht, auch wenn es keine Vorzugsstimmen vorsieht, wie wir es wünschen. Mit der Einführung einer Mehrheitsprämie wollen wir für Stabilität im Land sorgen. Es ist wichtig, dass die Italiener wieder Vertrauen in die Politik zurückgewinnen, sagte Kulturminister Rocco Buttiglione, Spitzenpolitiker der UDC.
Die Koalition einigte sich jetzt darauf, dass auf den Wahllisten der Parteien mindestens eine Frau pro vier Männer kandidieren soll. Damit wollen sie die Beteiligung der Frauen am politischen Leben fördern. Die UDC zeigte sich auch bereit, auf ihre Forderung nach koalitionsinternen Vorwahlen für die Bestimmung des Premierkandidaten zu verzichten. Jetzt ist die Durchsetzung des Proporzsystems, ein Eckpfeiler unseres politischen Projekts, wichtiger, sagte der Europa-Abgeordnete der UDC, Lorenzo Cesa.
Der Regierungschef muss jedoch noch eine große Hürde bewältigen. Die rechtspopulistische Regierungspartei Lega Nord droht, sie werde die Wahlrechtsreform im Parlament boykottieren, sollte die Regierungskoalition nicht zügig die so genannte Föderalismus-Reform durchsetzen. Am 20. Oktober steht die Verfassungsänderung hin zu einem föderalistischeren Modell in dritter Lesung auf dem Programm des Parlaments.
Die Opposition setzt indes ihre Kampagne gegen Berlusconis Reformpläne fort. Die Änderung des Wahlrechts ist ein weiteres Gesetz, das sich Berlusconi zu seinen eigenen Gunsten maßschneidern lässt, protestierte Kommunistenchef Oliviero Diliberto.