Seit der vergangenen Woche wissen wir, dass seit dem 7. Juli zwei weitere Terroranschläge verhindert wurden, sagte Blair am Mittwoch in einem Plädoyer für strengere Antiterrorgesetze vor dem Unterhaus des Parlaments. Zu den geplanten Attentaten machte Blair keine weiteren Angaben. Er fügte jedoch hinzu, die Polizei habe am vergangenen Wochenende mehrere Menschen wegen der Planung terroristischer Anschläge festgenommen.
Bei den Festnahmen wurde nach Blairs Angaben Datenmaterial im Umfang von 750 Gigabytes beschlagnahmt. Ob die Festnahmen im Zusammenhang mit den angeblich verhinderten Anschlägen standen, sagte Blair nicht. Die Londoner Polizei sagte der Nachrichtenagentur AFP, sie wisse weder von den Festnahmen noch von den beschlagnahmten Daten. Zuvor hatte die Polizei am 4. November mitgeteilt, zwei im vergangenen Monat unter Terrorverdacht festgenommene Männer seien mit dem Bau einer Bombe befasst gewesen. Auch Polizeichef Ian Blair schrieb in einem Zeitungsbericht, die Polizei habe in den letzten paar Wochen andere Anschläge verhindert.
In seiner Rede vor dem Parlament widersprach Blair Vorwürfen von Abgeordneten, Großbritannien verwandle sich in einen Polizeistaat: Wir leben nicht in einem Polizeistaat, sondern in einem Land, das tatsächlich und ernsthaft von Terrorismus bedroht ist, sagte der Regierungschef. Nach den Londoner Anschlägen vom 7. Juli, bei denen vier Selbstmordattentäter 52 Menschen mit in den Tod rissen, will die britische Regierung die Antiterrorgesetzgebung des Landes verschärfen. Terrorverdächtige sollen beispielsweise ohne Anklage 90 statt bisher 14 Tage lang festgehalten werden können. Außerdem soll sich strafbar machen, wer den Terrorismus verherrlicht, extremistische Bücher verkauft, an Terrorausbildungen beteiligt ist oder Attentate vorbereitet.
EU-Rassismusbehörde lobt Großbritannien für Verhalten nach Anschlägen
Die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) lobt die energische und geschlossene Haltung der britischen Regierung und Polizei aber auch führender Vertreter der muslimischen Gemeinschaften in Großbritannien bei der Verurteilung der Londoner Bombenanschläge vom 7. Juli. In einem Bericht, der am Donnerstag in Brüssel vorgelegt werden soll, kommt die EUMC zum Schluss, dass auf Grund dieses gemeinsamen Vorgehens einem kurzfristigen und beunruhigenden Anstieg islamfeindlicher Vorfälle in der Zeit unmittelbar nach den Anschlägen erfolgreich begegnet werden konnte.
Nach den Bombenanschlägen in London verzeichnete die Londoner Polizei vorübergehend einen steilen Anstieg bei glaubensmotivierter Hasskriminalität – in den meisten Fällen gegen britische Muslime, erklärte EUMC-Direktorin Beate Winkler in einer Aussendung. Wegen der Attentate mutmaßlicher Islamisten auf drei U-Bahnen und einen Bus mit 52 Toten hätten sich viele britische Muslime gefährdet gefühlt.
Die Reaktion in Großbritannien, nicht nur die Terrorattacken zu verurteilen, sondern auch jeglichen Vergeltungsangriffen gegen die muslimische Gemeinschaft entschlossen und unter Ausschöpfung aller gesetzlichen Mittel entgegenzutreten, habe die richtige Wirkung gezeigt, sagte Winkler. Die Reaktion sei nicht nur beruhigend sondern auch effizient gewesen. Winkler: Die Vorfälle sinken nunmehr auf den früher verzeichneten Stand. Die in Wien ansässige EU-Beobachtungsstelle nahm auch Auswirkungen der Anschläge vom 7. Juli in den anderen EU-Staaten unter die Lupe. Demnach wurden Übergriffe gegen Muslime weitestgehend verhindert; lediglich in einigen Ländern wurde über vereinzelte islamfeindliche Vorfälle berichtet.
In dem Bericht wird festgestellt, dass die Ereignisse in mehreren Mitgliedstaaten zu neuen politischen Initiativen und einer breiten öffentlichen Diskussion hinsichtlich der Stärkung des gemeinschaftlichen Zusammenhalts und Beschleunigung der Integration von Minderheitsgemeinschaften geführt haben. Die Regierungen anderer Mitgliedstaaten seien dem britischen Beispiel gefolgt.
Winkler meinte, die eigentliche Herausforderung bestehe nun darin, inwieweit es gelinge, die positiven Initiativen weiter zu verfolgen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt langfristig zu fördern. Die Mehrheitsgemeinschaften und die muslimischen Gemeinschaften stünden gleichermaßen in der Verantwortung. Die EUMC-Leiterin sieht in der europaweit geschlossenen Haltung ein ausgezeichnetes Beispiel für Zusammenhalt. Laut Bericht zogen die Regierungen bei der Verurteilung der Anschläge eine klare Abgrenzung zwischen den Attentaten der Bombenleger und dem muslimischen Glauben. Auf der anderen Seite hätten sich führende muslimische Vertreter in ganz Europa von den Bombenanschlägen distanziert, indem sie etwa klarstellten, dass die Taten dem islamischen Glauben widersprächen.