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China wandelt sich für Bush

Es war ein Gipfel zum Wohlfühlen. Differenzen wurden umschifft oder nur freundlich erwähnt. Auch Hinweis das es „wichtig“ sei soziale, politische und religiöse Freiheiten wachsen zu lassen, konnte Hu Jintao gelassen hinnehmen.

Selbst der Auftritt von US-Präsident George W. Bush nach dem Gottesdienst in der Gangwashi-Kirche in Peking, wo er für mehr Religionsfreiheit eintrat, diente eigentlich eher dem christlichen Fernsehpublikum in den USA.

Auch den Hinweis in der Großen Halle des Volkes, dass es „wichtig“ sei, in China soziale, politische und religiöse Freiheiten wachsen zu lassen, konnte der daneben stehende Staats- und Parteichef Hu Jintao gelassen hinnehmen. Schließlich wurde er nicht aufgefordert, das genauso zu sehen. Ihm ging es wie Bush darum, mit diesem Gipfel vor allem die verbesserten Beziehungen zwischen China und den USA zu demonstrieren.

Der Besuch in Peking war der vorläufige Höhepunkt einer seit Monaten eingeleiteten Wende des US-Präsidenten, China nicht mehr als „Konkurrenten“, sondern als „verantwortungsbewussten Anteilseigner“ im internationalen System anzusehen. Es ist ein spätes Eingeständnis, dass die USA die Kooperation der aufstrebenden Weltmacht brauchen – im Welthandel, in Währungsfragen, bei der Lösung großer Energie- und Umweltprobleme oder des Atomkonflikts mit Nordkorea sowie im Kampf gegen den Terrorismus und die Weiterverbreitung von Atomwaffen. Dieser neue Realismus lässt Washington das Verhältnis zu Peking heute lieber als „komplex“ oder „umfassend“ beschreiben.

„Wir stehen vor bisher unbekannten Herausforderungen“, erklärt Bates Gill vom Zentrum für strategische Studien in Washington zu der Frage, warum es für die USA so schwierig war, eine brauchbare China- Politik zu entwerfen. „Wir pflegen intensive Beziehungen mit gegenseitigen Abhängigkeiten mit einem Land, das kein Verbündeter ist – und sicher auch kein enger Freund. Es ist der größte autoritäre Ein-Parteien-Staat der Welt, mit dem wir zusammenarbeiten müssen“, sagt Gill. „Da gibt es keine einfachen Antworten.“ Lange seien die USA zudem mit dem Kampf gegen den Terrorismus und dem Krieg im Irak beschäftigt gewesen.

„Die USA haben ein Fragezeichen im Kopf, was China langfristig vorhat“, gibt Bonnie Glaser von der Denkfabrik zu bedenken. Schwierig ist auch die Diskussion im Kongress, wo es verschiedene China-Fraktionen über konservative und liberale Parteigrenzen hinweg gibt. Mal wird China wirtschaftlich oder sicherheitspolitisch als Gefahr, dann wieder als Riesenchance für US-Unternehmen oder als nützlicher politischer Partner gesehen. Die Kritiker der Menschenrechtslage in China oder die Unterstützer Taiwans verstärken die Fronten.

Die neue China-Politik, die Differenzen und Gemeinsamkeiten unter einen Hut bringen soll, hatte der Vizeaußenminister und China-Experte Robert Zoellick erstmals im Sommer vorgestellt. Er prägte den Begriff „Anteilseigner“ für China: „Wir sind zu sehr von einander abhängig, um China am langen Arm zu halten.“ Chinas Führer sahen dankbar ein positives Signal und konnten sich jetzt bei Bush persönlich versichern, dass er voll hinter der neuen Politik steht. „Die gemeinsamen Interessen wiegen bei weitem die Differenzen auf“, findet der Präsident der Diplomatenuniversität, Wu Jianmin. „Ich bin ziemlich hoffnungsvoll, was unsere Beziehungen angeht.“

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