“Mit Gottes Hilfe möchte ich ein politisches Arrangement erreichen”, betonte der Premier am Donnerstagabend vor Journalisten in Tel Aviv. Seine Vorstellungen von der Umsetzung der Roadmap, des internationalen Friedens-Fahrplans, der zu einem existenzfähigen palästinensischen Staat im Westjordanland und Gaza-Streifen führen soll, weichen allerdings stark von jenen der Roadmap-Autoren (USA, UNO, EU, Russland im so genannten Nahost-Quartett) ab.
Trotz seines Bekenntnisses zu einem entmilitarisierten palästinensischen Staat werde er keine israelischen Siedler im Westjordanland aufrufen, nach Israel zurückzukehren, sagte Sharon, der den Abzug von Siedlern und Armee aus dem Gaza-Streifen im August gegen heftige Widerstände durchgesetzt hatte, in einer TV-Diskussionsrunde. Israel werde große Siedlungsblöcke im Westjordanland behalten. Eine Räumung des Jordantals könne schwer werden, da es sich dabei für Israel um eine Sicherheitszone handle, hob der Regierungschef hervor.
Die Hinweise verdichten sich unterdessen, dass Sharon den derzeit im Bau befindlichen Sperrwall im Westjordanland, dessen Verlauf vom Internationalen Gerichtshof (IGH) und von der UNO-Generalversammlung für völkerrechtswidrig erklärt worden ist, als künftige Staatsgrenze betrachtet. Nach den Worten von Justizministerin Zipi Livneh (Livni) – die bisherige Likud-Politikerin hat sich Sharon angeschlossen – nimmt die umstrittene Sperranlage den künftigen Grenzverlauf zumindest teilweise vorweg.
Man müsse kein Genie sein, um das zu erkennen, sagte sie. Die Äußerungen Livnehs deuteten die künftige politische Linie von Sharons neu gegründeter Partei Vorwärts (Kadima) an, erklärten politische Kommentatoren in Jerusalem. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte in einer ersten Reaktion, Livnehs Aussagen bewiesen, dass der offiziell zur Abwehr von Terroristen errichtete Bau der Sperranlage in Wirklichkeit das Ziel verfolgte, palästinensisches Gebiet dem israelischen Staat einzuverleiben. Vor den palästinensischen Parlamentswahlen im Jänner will Sharon Kandidaten der radikalen Hamas-Bewegung verhaften lassen.
Die israelische Regierung widersetze sich einer Hamas-Beteiligung an den Wahlen am 25. Jänner, solange die islamistische Organisation nicht die Waffen abgibt und vom Ziel der Zerstörung Israels abrückt. Israel werde auch bei einem Wahlsieg der Hamas nicht mit deren Vertretern sprechen, kündigte der Regierungschef an. Sharon hatte 2002 einen palästinensischen Mini-Staat auf nur 40 Prozent des Westjordanlandes ohne Streitmacht und Lufthoheit vorgeschlagen, dessen Grenzen vollständig von Israel kontrolliert würden. Einem solchen Gebilde würden elementare Wesensmerkmale eines Völkerrechtssubjekts fehlen, es könnte keine Allianzen und Pakte schließen, noch seine wirtschaftlichen Beziehungen zu anderen Staaten nach den eigenen Bedürfnissen gestalten.