Der Sozialist und Kokabauern-Führer sieht im kommunistischen Regime der Karibikinsel ein Vorbild. Vielen Dank an Kuba, dass ihr Lateinamerika und der Welt gezeigt habt, wie man in Würde und Souveränität leben kann. Vor seinen Anhängern kündigte Morales offene Beziehungen mit den USA an. Hoffentlich respektiert (US-Präsident George W.) Bush den souveränen Willen des Volkes, nach Jahrzehnten von Erpressung, Bedingungen und finanzieller Unterwerfung. Er habe keine Angst und werde die Souveränität Boliviens gegen jegliche Einmischung der US-Regierung verteidigen.
Entsprechend kühl fiel die Reaktion der US-Regierung auf den offensichtlichen Sieg von Morales aus. US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte in Washington, die Beziehungen zwischen beiden Ländern hingen vom Verhalten der neuen Regierung ab. Wenn sie demokratisch regiere und für Zusammenarbeit offen sei, würden die USA Bolivien helfen. Der Führer der Bewegung zum Sozialismus (MAS) bestätigte sein Wahlversprechen, die Gasvorkommen des Landes verstaatlichen und den Koka-Anbau legalisieren zu wollen. Bolivien unterstütze den Kampf gegen Drogen, doch seien weder Kokain noch Drogenhandel Teil der bolivianischen Kultur. Vielmehr benützten die USA den Kampf gegen den Drogenhandel als Vorwand, um Militärbasen zu installieren, und damit sind wir nicht einverstanden. Die bolivianischen Koka-Bauern betonen, dass sie die Pflanze für medizinische Zwecke, religiöse Zeremonien oder Kräutertees anbauen. Nach US-Angaben wird aber ein großer Teil der Produktion zu Kokain verarbeitet.
Zur Gasindustrie sagte Morales, es werde keine Eigentumsrechte an den Bohrlöchern mehr geben. Das ist vorbei. Wir brauchen Partner, nicht Besitzer. Internationale Konzerne würden aber nicht enteignet. Ihre Technologie werde benötigt, Dienstleistungen der Konzerne würden bezahlt. Wenn sie die bolivianischen Regelungen akzeptieren, sind sie als Partner willkommen. Aber sie können nicht diejenigen sein, die die Eigentumskontrolle haben. Bolivien verfügt über Südamerikas zweitgrößte Gasvorkommen, 90 Prozent davon gehen in den Export.
Jubel über den Sieg von Morales gab es bei der südamerikanischen Linken. Der chilenische Präsident Ricardo Lagos sprach von einem Weg der Hoffnung für den Kontinent. Der venezolanische Vizepräsident Jose Vicente Rangel zeigte sich sehr zufrieden, versicherte aber zugleich, dass sich sein Land nicht in die inneren Angelegenheiten Boliviens einmischen werde. Venezuelas Präsident Hugo Chavez gilt als Wortführer der US-Kritiker in Lateinamerika.
Glückwünsche kamen auch von der kolumbianischen Außenministerin Carolina Barco und dem argentinischen Präsidenten Nestor Kirchner. Er sprach von einer Lektion in Demokratie für ganz Lateinamerika. Der mexikanische Außenminister Luis Ernesto Derbez wies jedoch darauf hin, dass der Sieg von Morales möglicherweise nicht allen gefallen wird. Trotzdem sollten alle Staaten Amerikas, einschließlich der USA, zusammenarbeiten.
Die linksgerichtete kolumbianische Rebellenorganisation ELN (Nationales Befreiungsheer) äußerte die Hoffnung, dass die Machtübernahme von Morales den Weg zur Freiheit ebnen werde. Das Wahlergebnis rege zum Nachdenken an über die Wirtschaftskrise, die der Neoliberalismus verursacht hat, sagte ELN-Militärkommandant Antonio Garcia.
Erste Auszählungsergebnisse bestätigten indes den in Hochrechnungen vorhergesagten klaren Wahlsieg von Morales bei der Präsidentenwahl vom Sonntag. Nach Auszählung von 33 Prozent der Stimmen lag Morales mit 48 Prozent deutlich vor seinem konservativen Konkurrenten Jorge Quiroga mit 35 Prozent, wie das nationale Wahlgericht am Montagabend (Ortszeit) mitteilte. Den Hochrechnungen zufolge würde Morales sogar die absolute Mehrheit erreichen, was ihm eine Stichwahl gegen Quiroga durch das Parlament ersparen würde. Der konservative Bewerber hat seine Niederlage bereits eingeräumt. Morales wäre der erste Indio an der Spitze des Andenstaates.