Die US-Regierung erteilte dem Vorstoß Merkels zu einer Schließung des Lagers auf Kuba eine klare Absage. Dagegen bekräftigte die deutsche Bundesregierung am Dienstag ihre Forderung nach einer Klärung und raschen Lösung für den völkerrechtlich umstrittenen Status der dort untergebrachten Gefangenen.
Die Einrichtung sei weiter notwendig, sagte US-Außenamtssprecher Sean McCormack am Montag. Jeder hofft, dass wir an einen Punkt gelangen, an dem wir keine Einrichtungen wie diese brauchen. Aber wir haben diesen Punkt nicht erreicht, sagte US-Außenamtssprecher Sean McCormack zur Forderung Merkels. Diese hatte angekündigt, das Thema auch beim Treffen mit Präsident George W. Bush am Freitag im Weißen Haus zur Sprache zu bringen.
Eine Institution wie Guantanamo kann und darf auf Dauer so nicht existieren. Es müssen Mittel und Wege für einen anderen Umgang mit den Gefangenen gefunden werden, betonte Merkel. Nach Ansicht der Berliner Regierung müssen die Häftlinge in Übereinstimmung mit dem humanitären Völkerrecht und den menschenrechtlichen Mindeststandards behandelt werden. Dazu gehöre auch der Schutz vor Gewalttätigkeit und Einschüchterung sowie ein Gerichtsverfahren mit rechtsstaatlichen Garantien, hieß es in einer Antwort der Regierung auf eine FDP-Anfrage im Bundestag. Den Angaben zufolge gewähren die USA der deutschen Seite weiter keinen konsularischen Zugang zu dem in Guantanamo sitzenden Murat Kurnaz aus Bremen.
US-Außenamtssprecher McCormack erklärte: Guantanamo dient einem Zweck, und seine Existenz hat einen Grund. Es halte sehr gefährliche Leute von der zivilisierten Gesellschaft fern. Wir dürfen uns keiner Illusion hingeben: Wenn diese Leute frei gelassen würden, würden sie sofort wieder den Kampf aufnehmen. Wir haben solche Fälle schon erlebt, betonte der Sprecher. Zudem gebe es einen legalen Prozess zur Prüfung der Umstände der Gefangenschaft. Das Internationale Rote Kreuz könne ständig an Ort und Stelle präsent sein.
In dem US-Lager in Kuba werden etwa 500 mutmaßliche Terroristen festgehalten, viele von ihnen schon seit vier Jahren, ohne dass sie bisher angeklagt worden sind. Washington betrachtet sie als feindliche Kombattanten, denen nicht die Rechte von Kriegsgefangenen eingeräumt werden. In der Vergangenheit hat es immer wieder internationale Proteste gegen das Vorgehen der USA gegeben.
Rückenstärkung erhielt Merkel von amnesty international. In einem offenen Brief forderte die Gefangenenhilfsorganisation am Dienstag die österreichische EU-Ratspräsidentschaft in Brüssel auf, den Schritten der deutschen Kanzlerin zu folgen und die Schließung des illegalen Gefängnisses zu verlangen.
Die Linkspartei kündigte unterdessen eine Initiative im Deutschen Bundestag an. Danach soll das Parlament den Bündnispartner USA in einer Resolution auffordern, das völkerrechtswidrige Lager umgehend zu schließen und zur Rechtstaatlichkeit zurückzukehren. Nach den eindeutigen Worten Merkels müsse auch der Bundestag ein klares Signal setzen, sagte Linkspartei-Fraktionschef Oskar Lafontaine.