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ProSiebenSat.1-Übernahme geplatzt

Es war der Traum von Verleger Axel Springer: Sein Haus müsse sich auch am Fernsehn beteiligen. Nun ist dieser Fernsehplan gescheitert: Springer zieht sich von einer Pro 7-Übernahme zurück.

In einer Zukunft mit Kabel und Satellit würden „Sein oder Nichtsein von Zeitungen“ allein von einer Beteiligung an den neuen Medien abhängen, schrieb der Verlagsgründer (1912-1985). Mit dem am Mittwoch angekündigten Rückzug der Axel Springer AG von einer Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG dürften die ehrgeizigen TV-Pläne von Europas größtem Zeitungshaus („Bild“, „Die Welt“) wieder in der Schublade verschwinden.

Springer muss sich woanders nach neuen Erlösquellen umschauen. Überraschend kam die Absage nicht. Nachdem am 5. August 2005 Vorstandschef Mathias Döpfner und der US-Milliardär Haim Saban den Kaufvertrag unterschrieben, hatte Springer mit dem Kartellamt und der Medienfusionskontrolle KEK um eine Zulassung gerungen. Diese beurteilten die Übernahme von Deutschlands größtem Fernsehkonzern durch den „Bild“-Verlag sehr kritisch. Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) errechnete aus dem Zuschaueranteil von ProSiebenSat.1 von 22 Prozent und dem Einfluss von Springers Zeitungen eine Quote von 42 Prozent und untersagte das Geschäft. Auch das Kartellamt machte nicht mit. Zu stark würde Springer auf dem Leser- und Anzeigenmarkt sowie beim überregionalen Verkauf von TV-Werbezeiten, lauteten die Vorbehalte.

Kartellamtschef Ulf Böge warnte vor einem Duopol mit Konkurrent Bertelsmann und seiner RTL- Gruppe. Zugeständnisse Springers lehnte Böge ab. Dabei stehen sich mit Springer und Bertelsmann zwei höchst unterschiedliche Konzerne gegenüber. Während Springer vor allem im Inlandgeschäft stark ist, spielt Bertelsmann weltweit in der ersten Liga der Medienkonzerne. Ein TV-Einstieg hätte Springer die Chance geboten, sich mit neuen Kanälen und Inhalten auf die Medienzukunft vorzubereiten. Immer wichtiger wird das Zusammenspiel von Internet und Fernsehen, von Printmedien und Online-Diensten. Die großen Medienkonzerne stehen unter dem Druck, die gesamte mediale Verwertungskette zu vernetzen. Nach Ablehnung des Kartellamtes hätte Springer beim deutschen Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) eine Ausnahmeerlaubnis beantragen können. Doch hier sah Döpfner „unkalkulierbare Risiken“.

Das auf seine journalistische und wirtschaftliche Unabhängigkeit pochende Verlagshaus wollte sich nicht in die Hände der Politik begeben. Ein Antrag hätte die große Koalition vor eine Zerreißprobe gestellt. Immer lauter wurden die SPD-Stimmen gegen einen vermeintlichen Machtzuwachs Springers. Andere Verlage hatten im Fall einer Ministererlaubnis mit Klagen gedroht. Schon seit 1967 hatte Springer versucht, sich mit dem Fernsehen ein weiteres Standbein zu schaffen.

Mit anderen Verlagshäusern hatte das Haus das „Aktuelle Presse Fernsehen“ gegründet, aus dem 1985 Sat.1 hervorging. Mit 12 Prozent bleibt Springer an der Sendergruppe beteiligt. Mit der Übernahme des gesamten Konzerns wollte das Medienhaus groß im TV mitmischen. „Siege, wenn Du kannst, verliere, wenn Du musst, kapituliere nie“ hatte Döpfner die Marschroute ausgeben.

Bei einem Scheitern werde Springer sein Glück woanders suchen müssen- „in digitalen Märkten und im Ausland“. Auf beiden Gebieten ist Springer bereits aktiv und erfolgreich. In Polen gibt Springer „Fakt“ heraus, das auflagenstärkste Boulevardblatt des Landes mit rund einer halben Million verkaufter Exemplare und mehr als 3,5 Millionen Lesern. Auch in anderen osteuropäischen Staaten, in Spanien und Frankreich ist Springer mit eigenen Produkten und Lizenzausgaben präsent. Knapp 16 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet Springer außerhalb Deutschlands. Auch im Internet sieht sich Springer gut aufgestellt.

Mit „Bild.T.Online“ verfügt das Haus über eine starke Marke, die es für neue Inhalte wie Sport oder Filme nutzen kann. Bei anderen Online-Angeboten für Immobilien oder Autos ist Springer führend.

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