Im Mittelpunkt des 90-minütigen verbalen Schlagabtauschs am Dienstagabend standen innenpolitische Themen wie Steuern und Einwanderung. Berlusconi und Prodi bezichtigen sich gegenseitig der Unaufrichtigkeit und stellten vor allem ihre politischen Erfolge der Vergangenheit heraus. Zu ihren Plänen für die Zukunft sagten beide wenig.
Der Amtsinhaber warf seinem Herausforderer vor, eine von kommunistischen Kräften dominierten Koalition anzuführen. Prodi erklärte, Italien brauche einen kräftigen Schub, um wieder zu mehr Wachstum zu gelangen. Als der Ministerpräsident sich über das Erbe der linksgerichteten Vorgängerregierung bei seinem Amtsantritt 2001 beklagte, erwiderte Prodi irritiert: Nach fünf Jahren in der Regierung reden Sie wie ein Oppositionspolitiker. Was haben Sie in den fünf Jahren getan? Nur Dinge, die in Ihrem eigenen Interesse waren?
Als ihn der Regierungschef als Fassade für eine zersplitterte Koalition bezeichnete, beschied ihn Prodi knapp: Wir brauchen einen neuen Aufbruch in diesem Land. Wir können es schaffen, wenn wir wieder Gemeinsinn und Solidarität entwickeln. Am Ende der TV-Debatte richteten beide Politiker einen Appell an die Italiener. Dabei überzog Berlusconi sichtbar die Redezeit, die ihm zur Verfügung stand.
Der Ministerpräsident schien nervöser als sein Herausforderer zu sein. Der Regierungschef wirkte die ganze Sendung über gereizt, unermüdlich kritzelte er mit einem Kugelschreiber auf einem Zettel. Wiederholt warf er Oppositionschef Prodi Wirklichkeitsverzerrung vor, klang dabei jedoch kaum überzeugend. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Piepoli, die von der römischen Tageszeitung La Repubblica am Mittwoch veröffentlicht wurde, hat Prodi bei 38 Prozent der Befragten bei der Fernsehdiskussion besser abgeschnitten als sein Gegner. Für 35 Prozent der Befragten war Berlusconi der Sieger des Duells. Für 27 Prozent der Befragten ist kein Sieger aus dem TV-Duell hervorgegangen.
Berlusconi gab zu, dass er bei der TV-Debatte nicht geglänzt hat. Das TV-Duell ist schlecht verlaufen, sagte der sichtbar irritierte Premier nach dem Ende des TV-Duells. Berlusconi machte die nach amerikanischem Muster verfassten Regeln der TV-Debatte mit streng bestimmten Zeiten für Fragen und Antworten für sein schlechtes Abschneiden verantwortlich. Dieses System lähmt die Diskussion und verhindert jegliche Art von Debatte. Die Sorge, sich an die streng geregelten Zeiten zu halten, verhindert jegliche Spontaneität, kritisierte Berlusconi. Auch inhaltlich gab der Ministerpräsident Mängel zu. Ich hätte mehr über unsere Zukunftspläne berichten sollen, meinte der Premier, der sich aber trotz seines enttäuschenden Auftritts siegessicher gab: Ich bin überzeugt, dass ich Italien weitere fünf Jahre regieren werde.
Sichtbar zufrieden zeigte sich dagegen Prodi. Aus dem TV-Duell geht deutlich hervor, dass Berlusconi wie ein besiegter Politiker spricht, der die künftige Regierung attackiert, kommentierte der Oppositionschef. Er lobte die klaren Regeln der Debatte: Endlich eine geregelte Fernsehdiskussion. Auf die Kritik, die Fernsehdebatte sei langweilig gewesen, erwiderte er: Es war keine Show und wir sind keine Showgirls. Unsere Aufgabe war, über die Probleme des Landes zu reden. Wenn die Debatte langweilig war, ist es, weil wir über diese Probleme diskutiert haben, betonte Prodi.
Für die beiden Kontrahenten war es nicht das erste Fernsehduell: Sie traten bereits 1996 gegeneinander an. Damals war es Prodi, der an den Wahlurnen den Sieg davontrug. Eine weitere Fernsehdebatte ist für den 3. April geplant, eine knappe Woche vor der Wahl am 9./10. April.
Das TV-Duell bescherte Italiens öffentlich-rechtlicher TV-Anstalt RAI Rekordeinschaltquoten. Die Fernsehdebatte zwischen den beiden Politikern fesselte 16 Millionen Italiener vor dem Bildschirm. Dies entspricht einer Einschaltquote von 52,13 Prozent, teilte die RAI am Mittwoch mit. Ähnliche Einschaltquoten werden nur bei Spielen der italienischen Fußball-Nationalmannschaft gemeldet, betonten Experten.