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Irak: Saddam-Prozess fortgesetzt

Der irakische Ex-Machthaber Saddam Hussein hat am Mittwoch vor dem Sondertribunal für die Verbrechen seines Regimes in Bagdad erstmals ausgesagt.

Der Vorsitzende Richter Rauf Abdel Rahman unterbrach ihn aber nach kurzer Zeit und schloss die Öffentlichkeit von der Sitzung aus, weil Saddam Hussein politische Reden führe. Dieser bezeichnete sich weiter als Präsident und rief die Iraker auf, die Kämpfe zwischen den Volksgruppen zu beenden.

„Sie waren Staatschef. Jetzt sind sie Angeklagter“, sagte Rahman wütend. Weil Saddam Hussein sich weigerte aufzuhören, wies er die Journalisten aus dem Saal. Saddam hatte sich während des Prozesses seit Oktober zwar schon wiederholt geäußert, es war am Mittwoch aber das erste Mal, dass er in den Zeugenstand gerufen wurde, um vom Richter und den Staatsanwälten befragt zu werden.

Zuvor hatte auch sein mitangeklagter Halbbruder Barzan Ibrahim al-Tikriti erstmals als Zeuge in eigener Sache ausgesagt. Ibrahim wird wie Saddam Hussein für die Ermordung von 148 Schiiten aus der Ortschaft Dujail verantwortlich gemacht. In seiner Aussage wies der frühere Chef des Geheimdiensts Muchabarat die Vorwürfe zurück. Zeugen hatten Ibrahim vor Gericht vorgeworfen, persönlich an der Folter von Gefangenen aus Dujail beteiligt gewesen zu sein.

Für die Ermittlungen zu dem versuchten Attentat auf seinen Halbbruder sei eine andere Geheimdienstabteilung zuständig gewesen, nicht der Muchabarat. Er habe die für die Festnahmen verantwortlichen Parteifunktionäre sogar kritisiert und die Freilassung mehrerer Einwohner von Dujail angeordnet, sagte Ibrahim. Die Staatsanwaltschaft präsentierte daraufhin ein von dem Angeklagten unterzeichnetes Dokument vom 21. August 1982, in dem der Geheimdienstchef Saddam Hussein um eine Belohnung für sechs an den Festnahmen in Dujail beteiligte Mitarbeiter bat. „Das ist nicht meine Unterschrift. Meine Unterschrift ist leicht zu fälschen“, sagte Ibrahim.

Der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg hat am Dienstag eine Klage des irakischen Expräsidenten Saddam Hussein gegen 21 europäische Staaten abgewiesen. Saddam Hussein hatte gegen die europäischen Bündnispartner der USA im Irak mit der Begründung Klage eingereicht, dass seine Festnahme durch die Koalitionstruppen und der laufende Prozess gegen seine Person gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstießen. Er verwies unter anderem darauf, dass er zum Tode verurteilt werden könnte, obwohl die Europäische Menschenrechtskonvention die Todesstrafe ausdrücklich verbiete.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärte sich für nicht zuständig. Saddam Hussein habe nicht belegt, dass einer der beklagten 21 Staaten an seiner Gefangennahme oder Inhaftierung beteiligt gewesen sei. Der frühere irakische Präsident war im Dezember 2003 von US-Soldaten festgenommen worden.

Bei einem Angriff von US-Truppen auf ein Wohnhaus nördlich von Bagdad sind am Mittwoch bis zu elf Menschen getötet worden. Nach Angaben von Augenzeugen handelte es sich bei den Opfern vor allem um Frauen und Kinder. Nach Angaben der US-Streitkräfte richtete sich der Angriff gegen einen Aufständischen, der ausländische Kämpfer der Al Kaida im Irak unterstützt haben soll. Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am Mittwoch vor einer Grundschule in die Luft und riss zwei Menschen mit in den Tod. Sechs weitere Zivilisten wurden bei dem Anschlag verletzt, darunter auch zwei Schüler. In Ost-Bagdad starb am Mittwoch ein irakischer Zivilist durch die Explosion einer Autobombe.

Aufständische haben im Irak innerhalb einer Woche 533 Anschläge auf US-Truppen und die irakischen Sicherheitskräfte verübt. Das geht aus einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht des Verteidigungsministeriums in Bagdad hervor. In diesem Zeitraum seien 30 Autobomben und 217 weitere Sprengsätze explodiert, hieß es.

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