Die gebürtige Italienerin sagte am Donnerstag in Neu-Delhi, sie verzichte zugleich auf den Vorsitz des Nationalen Beraterrates, der von der Opposition kritisierten Nebenbeschäftigung. Gandhi gilt als mächtigste Frau Indiens, die starken Einfluss auf Premierminister Manmohan Singh hat. Singh sagte, Gandhis Schritt beweise, dass sie die größte Führerin (Indiens) ist und sich zu moralischen Werten bekennt, die man in unserem Land nicht oft findet.
Gandhi kündigte an, in der innerhalb von 90 Tagen stattfindenden Nachwahl ihres Wahlbezirks erneut zu kandidieren. Eine Wiederwahl der prominenten Politikerin gilt als sicher. Mit ihrer Mandatsniederlegung reagierte sie auf Proteste der Opposition gegen eine geplante Verordnung, wonach Abgeordnete künftig weitere bezahlte öffentliche Aufgaben neben ihrer Parlamentstätigkeit hätten wahrnehmen dürfen. Bisher ist das weitgehend ausgeschlossen. Die Opposition hatte Gandhi und zahlreichen weiteren Abgeordneten vorgeworfen, gegen das geltende Gesetz zu verstoßen, und deren Rücktritt gefordert.
In einer von Gandhi verlesenen Erklärung hieß es: In den vergangenen Tagen haben einige Oppositionsparteien versucht, den Eindruck zu erwecken, dass der Kongress und die Vereinte Fortschrittsallianz (der Zusammenschluss der Regierungsparteien) das Parlament und die Regierung dazu nutzen, um mich zu verteidigen. Die Politikerin sagte, die Vorwürfe hätten sie getroffen.
In Gandhis Fall war ihr Vorsitz im Nationalen Beraterrat, der die Regierung berät, kritisiert worden. Sollte sich die Opposition durchsetzen und die entsprechenden Abgeordneten vom Parlament ausgeschlossen werden, könnte die Regierung ihre Mehrheit verlieren. Die Regierung hatte versucht, das Gesetz, das die Nebentätigkeit weitgehend ausschließt, am Parlament vorbei mit einer Notverordnung zu ändern. Die Opposition kritisierte, dass das nur zum Schutz Gandhis geschehen sollte.
Die kommunistischen Verbündeten der Kongresspartei im Parlament lobten die Entscheidung Gandhis. Frau Gandhi hat eine sehr ethische und moralische Position eingenommen, sagte Doraiswamy Raja, der Chef der Kommunistischen Partei Indiens (CPI), gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Zuvor hatten die Kommunisten die Änderung der Unvereinbarkeitsregeln für die Abgeordneten über eine Regierungsverordnung abgelehnt. Wir sind gegen eine Verordnung. Das Parlament sollte über diese Frage entscheiden, sagte Raja der AFP.
Die größte Oppositionspartei, die hinduistisch-nationalistische Bharatiya Janata Party (BJP), übte hingegen scharfe Kritik an Gandhi. Sie ist das Opfer ihrer eigenen Konspiration geworden. Mit ihrem Rücktritt versucht sie ihr Gesicht zu wahren… Sie hat das Parlament umgangen und es ist ihr fast gelungen, die Verfassung zu umgehen, sagte BJP-Sprecher Arun Jaitley.
Sonia Gandhi hatte die Kongresspartei bei der Parlamentswahl vor knapp zwei Jahren überraschend zum Sieg geführt. Nach einer Kampagne der hindu-nationalistischen Wahlverlierer gegen Gandhis ausländische Herkunft hatte sie aber auf das Amt des Premierministers verzichtet. Die Übernahme eines hohen staatlichen Amtes durch eine Europäerin wäre in Indien wegen der Kolonialvergangenheit des Landes nach wie vor sehr umstritten.