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Weitere BAWAG-Vorstände müssen gehen

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Zwölf Tage nach Auffliegen der verlustträchtigen Spekulationsgeschäfte der Gewerkschaftsbank setzte es im „BAWAG-Karibik-Krimi“ am Montag Abend einen dramatischen Höhepunkt.

Fritz Verzetnitsch trat gestern früh von der Spitze des Gewerkschaftsbundes  (ÖGB) zurück. Der ÖGB hatte „seine“ Bank, die BAWAG, im Jahr 2000 mit einer geheim gehaltenen Garantie zur Verlustabdeckung vor einer andernfalls drohenden Insolvenz bewahrt – als Sicherheit galt auch der Streikfonds.

Bis kurz nach halb neun Uhr Abends tagten am Montag in der Bank selbst die Aufsichtsräte zu den bankinternen Spätfolgen der Karibik-Verluste, abermals ging es aber auch um die möglicherweise  damit zusammen hängende Kreditaffäre um das Brokerhaus Refco. Unmittelbar davor war es nach Informationen aus dem Aufsichtsrat zu Anzeigen der Finanzaufsichtsbehörde gegen mehrere Bankmanager gekommen, u.a. wegen der Bilanzierungsmethoden.

Die Folgen im Vorstand: Vier der acht Mitglieder des BAWAG-Vorstands müssen gehen – schon Ende April. Die Kontrollore der Bank beschlossen, die Vorstandsbestellungen von Christian Büttner  (48), Hubert Kreuch (61), Peter Nakowitz (42) und Josef Schwarzecker (53) mit 30. April 2006 zu widerrufen. Über diese Vorstandsabberufungen informierte der ebenfalls scheidende  Aufsichtsratspräsident Günter Weninger am Abend nach der Sitzung die Medien.

Die Vorstandsverträge wären noch bis 2008 gelaufen. Für den Finanz/Treasurybereich wird nun ein neuer Experte gesucht. Wer das wird, wurde noch nicht gesagt. Damit soll das künftige operative  Führungsgremium unter dem seit 1. Jänner 2006 amtierenden Generaldirektor Ewald Nowotny künftig aus fünf Mitgliedern bestehen.

Zuvor war der behördliche Druck auf die BAWAG noch gestiegen. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat gestern Anzeige gegen mehrere Vorstände  erstattet. An die Staatsanwaltschaft erging eine entsprechende Sachverhaltsdarstellung. Grund für den Schritt war, wie es aus dem Bank-Aufsichtsrat hieß, Verdacht auf falsche Darstellung der  Problemfinanzierungen in Geschäftsberichten. Mit der jetzigen Abberufung der vier Vorstände ist man möglicherweise einer behördlich verfügten Ablöse der Betroffenen zuvor gekommen.

Alle vier Direktoren gehörten der „alten Garde“ der jetzt als BAWAG P.S.K. firmierenden Großbank an, stammten also aus dem Managementkreis der alten BAWAG AG mit ihrem Naheverhältnis zu den  früheren Bankbossen Helmut Elsner und Johann Zwettler.

In der Sondersitzung haben die BAWAG-Räte am Abend beschlossen, die pensionierten Generaldirektoren Elsner und Zwettler ebenso wie  den für die gescheiterten Finanzspekulationen direkt verantwortlich gemachten US-Banker Wolfgang Flöttl („Flöttl Junior“) zur  Schadensminimierung heranzuziehen. Es würden alle Möglichkeiten geprüft, Schadenersatzklagen gegen Elsner, Zwettler und Wolfgang Flöttl durchzusetzen. Seit voriger Woche bereits ist Elsner als ÖGB-Stiftungsvorstand abberufen. Unter seiner Ägide als Vorstandschef der Bank hatte die BAWAG zwischen 1995 und 2000 primär mit Geschäften mit Flöttl Junior einen Milliardenverlust angehäuft – den bisher größten Einzelverlust einer Bank in Österreich.

Wolfgang Flöttl (sein Vater Walter war bis Mitte der 90er Jahre BAWAG-Chef) ist ebenso wie Elsner und Zwettler schon seit Tagen im Visier der Staatsanwaltschaft. Gegen die beiden Ex-Generäle Elsner und Zwettler hat die Anklagebehörde gerichtliche Vorerhebungen wegen des Verdachts der Untreue und des Verstoßes gegen das Aktiengesetz beantragt, wie die Staatsanwaltschaft zu Mittag bestätigt hatte.

Man wollte die Lasten der Vergangenheit beseitigen, argumentierte die Spitze des Aufsichtsrats die heute beschlossene Absetzung der  vier Manager. Generaldirektor Nowotny, der als „Aufräumer“ nach dem Refco-Kreditdebakel per 1. Jänner 2006 an die Spitze des Hauses  gekommen war und sich nun mit den einstigen Karibik-Abenteuern und dem Offshore-Firmengeflecht der Bank herumschlagen muss, will den Abgang der vier Vorstandskollegen zur „Strukturveränderung“ nutzen. Seiner Meinung nach war der Vorstand mit acht Mitgliedern im  Vergleich zu anderen Großbanken in Österreich ohnedies zu üppig besetzt.

Inhaltlich äußerte sich Nowotny heute Abend vor den Medien nicht zu der Trennung von den Managern. Nur so viel: Diese hätten im Laufe  der Zeit „Entscheidungen mittragen müssen, die nicht glücklich waren“. Alle hätten aber auch gute Arbeit geleistet. Die Vorstandsverträge wären bis 2008 gelaufen. Die Restlaufzeit erhält keiner der vier Vorstände abgefunden.

Den Aufsichtsräten könne man keine Schuld zuweisen, sagte Weninger nach der Sitzung. Nur er, Weninger, wusste nach eigenen Angaben  innerhalb des Aufsichtsratsgremiums von der dramatischen Lage im Jahr 2000. An die übrigen Aufsichtsräte habe es keine Mitteilung über  diese Verluste gegeben. Ein Totalumbau im Aufsichtsrat wird in der Branche dennoch für Anfang April erwartet. Von der ÖGB-Haftung für den Milliardenverlust ist alles bis auf eine noch offene Garantie von 120 Mio. Euro abgearbeitet. Diese 120 Mio. Euro betreffen primär die Beteiligung der BAWAG an dem „kaum werthaltigen“ Investment ins Casino Jericho. Weninger ist überzeugt, dass auch dafür keine Haftung schlagend wird. Es gelte abzuwarten, ob es nicht doch zur „Reaktivierung“ des seit Jahren geschlossenen  Casinos gebe.

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