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Italien-Wahl: Berlusconi gegen Prodi

Wenn am Palmsonntag und am darauf folgenden Montag die Italiener zur Urne schreiten, ist einer der spannendsten und kontroversiellsten Wahlkämpfe der letzten Jahre Geschichte.

Doch nicht nur der Stil und die Inhalte im Kräftemessen zwischen Ministerpräsident Silvio Berlusconi und seinem Herausforderer Romano Prodi waren umstritten, sondern auch die Wiedereinführung des reinen Proporzwahlrechts.

Dieses Verhältniswahlrecht war 1993, nachdem Italiens Politik durch die Korruptionsermittlungen „Mani pulite“ (saubere Hände) bis in ihre Fundamente erschüttert worden war, abgeschafft und durch ein für Italien neuartiges Mischsystem aus Mehrheitswahlrecht und Verhältniswahlrecht ersetzt worden. Es sollte für eine Stabilisierung der Mehrheitsverhältnisse im Parlament sorgen, denn im Durchschnitt hielt eine Regierung in Italien nur knapp ein Jahr.

Die Statistik hat sich seitdem nicht wirklich stark verändert: Seit dem Kriegsende vor 61 Jahren verzeichnete man in Italien bisher 60 Regierungen. Erstmals in der Republiksgeschichte des Landes wurde eine gesamte Legislaturperiode durchgehalten. Berlusconi ist auch der am längsten durchgehend amtierende Regierungschef. Die kürzeste Amtszeit – lediglich neun Tage – verzeichnete ein Kabinett unter dem Christdemokraten Giulio Andreotti 1972.

Im Dezember 2005 kehrte Italien zum reinen Verhältniswahlrecht zurück. Im Folgenden ein Überblick (laut Reuters) über den Ablauf des Urnengangs am 9. und 10. April:

a) Die Wahllokale sind am Sonntag von 08.00 bis 22.00 Uhr MESZ und am Montag von 07.00 bis 15.00 Uhr geöffnet. Durch die Einführung eines zweiten Wahltages will man vermeiden, dass die Wähler – wie zuletzt im Mai 2001 – auch noch Stunden nach dem offiziellen Wahlschluss Schlange stehen, um ihre Stimme abgeben zu können.

b) Exit Polls, also Nachwahlbefragungen, werden unmittelbar nach Wahlschluss am Montag veröffentlicht. Es handelt sich um die ersten Umfragedaten seit zwei Wochen, die publiziert werden dürfen. Für 20.00 Uhr rechnet das Meinungsforschungsinstitut Nexus mit verlässlichen Hochrechnungen bzw. sogar einem Endergebnis für die Abgeordnetenkammer. Die Daten für den Senat sollten gegen 22.00 Uhr vorliegen.

c) Für das Abgeordnetenhaus sind alle Italiener wahlberechtigt, die das 18. Lebensjahr erreicht haben. Das sind etwas mehr als 50 Millionen Wähler – fast drei Millionen davon leben im Ausland. Wahlberechtigt für den Senat ist man hingegen erst ab dem 25. Geburtstag – damit liegt die Zahl der Wähler hier rund acht Prozent unter der für das Abgeordnetenhaus.

d) Insgesamt werden 630 Abgeordnete und 315 Senatoren gewählt. 618 Sitze im Abgeordnetenhaus und 309 Sitze im Senat werden von den in Italien lebenden Wählern bestimmt, die übrigen von Auslandsitalienern.

e) Die Parlamentssitze werden nach dem Verhältniswahlrecht vergeben – allerdings erhält das größte Bündnis auf jeden Fall die absolute Mehrheit. Die Regeln für das Abgeordnetenhaus und den Senat sind unterschiedlich:

  • ABGEORDNETENHAUS: Das Wahlrecht garantiert dem Parteienbündnis mit den meisten Stimmen eine Mehrheit von mindestens 340 Sitzen (54 Prozent). Parteien, die zu einem Bündnis gehören, benötigen zwei Prozent der Stimmen, um einen Sitz zu erringen. Gruppierungen, die allein antreten, müssen dafür vier Prozent erzielen. Bündnisse werden anerkannt, wenn sie mindestens zehn Prozent der Stimmen erreichen. Dabei werden auch die Stimmen von angeschlossenen Parteien mitgezählt, die es selbst (landesweit) nicht auf einen eigenen Sitz bringen. Voraussetzung für die Anerkennung als Bündnis sind ein gemeinsames Wahlprogramm und ein gemeinsamer Spitzenkandidat für das Amt des Ministerpräsidenten.

  • SENAT: Ein Bündnis, das in einer Region vorne liegt, erhält mindestens 55 Prozent der Sitze, die insgesamt für dieses Gebiet zu vergeben sind. Parteien, die zu einem Bündnis gehören, benötigen drei Prozent der Stimmen, um einen Sitz im Rat der Regionen zu erringen. Gruppierungen, die allein antreten, müssen auf acht Prozent kommen. Ein Bündnis muss insgesamt auf mindestens 20 Prozent kommen. Für den Senat erfolgt die Auszählung nicht wie in der anderen Kammer auf nationaler, sondern auf regionaler Basis. Wegen der verschiedenen Auszählungsarten kann es in Abgeordnetenhaus und Senat zu unterschiedlichen Mehrheiten kommen. Das könnte das Regieren deutlich erschweren, da Gesetze von beiden Parlamentskammern beschlossen werden müssen, bevor sie vom Staatspräsidenten unterzeichnet werden können.
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