Erstmals drohte die US-Chefdiplomatin nicht nur mit Konsequenzen, sondern gab gleich die genaue Marschrichtung vor.
Geht es nach dem Willen der Bush-Regierung, dann wird der Iran vom UN-Sicherheitsrat zu einer Bedrohung für den Weltfrieden erklärt. Gemäß Kapitel VII der UN-Charta könnten dann stufenweise die Daumenschrauben für die Teheraner Führung angezogen werden. Wie im früheren Fall von Libyen könnten beispielsweise Beschränkungen im Luftverkehr und ein teilweiser Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen verhängt werden. Ein generelles Reiseverbot für bestimmte Regierungsmitglieder zählt ebenfalls zum Sanktionskatalog. Wenn alle friedlichen Maßnahmen nicht mehr helfen, kann der Sicherheitsrat schließlich zur Wahrung des Weltfriedens ein militärisches Eingreifen beschließen.
Die Frage ist nur, ob die anderen Veto-Mächte im Sicherheitsrat und die Mehrheit der Mitglieder das auch so sehen und Rice am Ende nicht mit einer leeren Drohung dasteht. Selbst wenn die Europäer, Russen und Chinesen Irans letzten Schritt missbilligt haben, gibt es keinerlei Anzeichen für einen Konsens, was man dagegen tun kann, zieht die Washington Post Bilanz. Die wenig attraktiven Alternativen reichten von nicht gut bis nicht ausreichend, beschreibt Ray Takeyh vom renommierten Council on Foreign Relations das Dilemma.
Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch die Forschungsstelle des US- Kongresses. In einem neuen Bericht für die Abgeordneten und Senatoren werden die Optionen aufgelistet. Direkte Gespräche mit der Teheraner Führung hätten die Gunst der Regierung verloren, heißt es. Die Aussichten auf den von der Regierung angestrebten Regimewechsel im Iran würden von vielen in Frage gestellt, weil die Oppositionsgruppen so schwach seien.
Eine kompromisslose Militäraktion, um das iranische Regime zu beseitigen, scheint von der Regierung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen zu werden, heißt es weiter. Die Autoren fügen als Seitenhieb auf die all zu rosigen Erwartungen vor dem Irak-Krieg hinzu, dass die US-Armee von den Iranern sicher mit großer Feindseligkeit begrüßt werden würde. Vor einem Militärschlag sollten deshalb erst die Möglichkeiten der Diplomatie und Sanktionen ausgeschöpft werden.
Eins steht schon fest: Die Drohungen der amerikanischen Außenministerin haben bei der Teheraner Führung und beim religiösen Establishment ihre Wirkung offenkundig verfehlt. Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad will die strittige Urananreicherung ohne Rücksicht auf Drohungen und Druck fortsetzen. Und beim Freitagsgebet in Teheran porträtierte Ayatollah Ahmed Jannati die USA praktisch als Papiertiger: Es gibt nichts, dass sie (die Amerikaner) tun können. Es gibt keinen Grund, vor irgendetwas Angst zu haben, sagte er den Gläubigen.
Die Bush-Regierung zahlt den Preis für mehr als fünf Jahre ohne überzeugende und koordinierte Iran-Politik. Jeder Tag, der vergeht, schränkt die politischen Optionen weiter ein, schreibt das konservative Wall Street Journal.