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Bush empfing Merkel wie gute Freundin

Es war erst der zweite Besuch der Kanzlerin im Weißen Haus. Doch US-Präsident George W. Bush empfing Angela Merkel am späten Mittwochabend deutscher Zeit schon wie eine gute Freundin.

Nahtlos machte Bush im Oval Office nach der ersten Unterredungsrunde dort weiter, wo er bei der ersten Visite im Jänner geendet hatte. Ganz im Stile eines politischen Charmeurs hatte der Präsident damals die „Madame Chancellor“ mit Lob überschüttet: „Sie ist smart. Sie ist überaus fähig. Sie hat eine ansprechende Wesensart.“ Diesmal sprach er – die Kanzlerin lächelte im Sessel daneben etwas verlegen – davon, dass Merkel eine „faszinierende Person“ sei. Und wieder ging er auf ihre Vergangenheit in der DDR ein. „Mit ihren Erfahrungen unter der eisernen Hand eines kommunistischen Führers habe sie eine einzigartige Herangehensweise an die Probleme.“

Ja, und der gut aufgelegte Bush ging beim Wiedersehen sogar so weit, zu sagen, dass sie sich beide durchaus die Meinung sagen würden. Sie würden dabei eine gute gemeinsame Linie finden.

Schon in den vergangenen Wochen hatten Merkel und Bush einen engen Kontakt gehalten – insbesondere, um immer wieder über den Iran zu sprechen. Fünf bis sechs Mal telefonierten sie, hieß es. Mit zu dem guten Draht, den die beiden augenscheinlich haben, trug auch bei, dass sich Merkel im Gegensatz zu ihrem Amtsvorgänger Gerhard Schröder auf Englisch unterhalten kann.

Merkel, aber auch ihr derzeit in Südamerika umherreisender Außenminister Frank-Walter Steinmeier scheinen dabei mittlerweile mehr und mehr in eine Art Mittler-Rolle in dem internationalen Nervenspiel um die Verhinderung der iranischen Atombombe zu geraten. Vergangene Woche hatte Merkel ausführlich anderthalb Stunden im sibirischen Tomsk mit Russlands Präsident Wladimir Putin über den Konflikt mit Teheran gesprochen. Putins Sichtweise wollte sie nun Bush nahe bringen. Umgekehrt hatte sie mit dem Russen über die Position der Amerikaner geredet.

Mit Interesse verfolgte Merkel, wie Bush sich zumindest verbal auf die Alliierten zubewegte. Das ist ganz in ihrem Interesse. In der kurzen Pressebegegnung beschwor der Präsident beinahe die Notwendigkeit, dass die Staaten gemeinsam eine Lösung anstreben sollten. Die Vereinigten Staaten seien „aktiv eingebunden, um gemeinsam mit unseren Partnern das wichtige Ziel zu erreichen“, sagte Bush. Gemeint war eine gemeinsame Botschaft an den Iran, dass sein Atomprogramm inakzeptabel sei.

Das traf genau das Credo von Merkel, alles zu tun, „um den internationalen Schulterschluss der Staatengemeinschaft zu bewahren“. Für Berlin steht dieser Zusammenhalt über allem. Lieber eine vielleicht etwas schwächere Resolution im Weltsicherheitsrat als eine schärfere und schon mit Sanktionen belegte, der aber nicht alle Staaten zustimmen, hatte Mitte der Woche der Chef des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz, gesagt. Das ist auch Merkels Meinung. Mit Geschlossenheit kann aus ihrer Sicht der Iran beeindruckt werden.

Auch bei den UN scheinen dies momentan auch die Amerikaner zu akzeptieren. Ein Resolutions-Entwurf von Frankreich und Großbritannien, der Teheran auffordert, die Urananreicherung zu stoppen, findet offenbar die Unterstützung Washingtons, obwohl er auf Sanktionen verzichtet.

Auf der anderen Seite ließ sich aber auch Bush ein Hintertürchen offen, eventuell einen Alleingang hin zu harten Maßnahmen zu gehen, falls sich die Vetomächte im Weltsicherheitsrat in dieser Frage zu einem späteren Zeitpunkt blockieren sollten. „Jetzt reden wir darüber, mit welcher Taktik wir unser Ziel erreichen.“ „Eine dieser Taktiken“, so der Präsident weiter, „ist der Gang Weltsicherheitsrat“. Er sprach aber eben nur von einer dieser Taktiken.

Die Deutschen waren dennoch erst einmal froh, dass sich aus ihrer Sicht die Amerikaner in Richtung mehr Kooperation bewegt hatten. Und Merkel ist auch an einer weiteren Vertiefung der Kontakte mit Bush interessiert. Sie lud ihn in ihren Wahlkreis im nordöstlichen Mecklenburg-Vorpommern rund um Stralsund ein. Termin: Unmittelbar vor dem G 8-Gipfel der großen Wirtschaftsmächte in Sankt Petersburg, der am 15. Juli in der alten Zarenstadt beginnt. Am 13. oder 14. Juli soll der Präsident neben Merkel auch andere Menschen kennen lernen, die nach der Wende über Nacht politische Verantwortung für den Aufbau einer neuen Demokratie übernommen haben. Das wird Bush sicher gefallen.

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