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Serbien-Montenegro steht vor Auflösung

Im  Belgrader Föderationspalast, dem einstigen Stolz der kommunistischen Ära, herrscht "Aufbruchstimmung". Montenegro entscheidet am 21. Mai über Unabhängigkeit.

Montenegro entscheidet am 21. Mai in einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit. Für die Loslösung des 620.000-Einwohner-Landes aus dem Staatenbund mit Serbien sind nach dem von Montenegro akzeptierten Willen der EU mindestens 55 Prozent der abgegebenen Stimmen notwendig. Beide Lager – „Souveränisten“ (für Unabhängigkeit) und „Unionisten“ (gegen Unabhängigkeit) – zeigen sich zuversichtlich. Politische Beobachter hoffen auf ein möglichst „klares Ergebnis“.

Die montenegrinische Regierungskoalition mit Premier Milo Djukanovic an der Spitze strebt vehement nach voller internationaler Souveränität. Djukanovic, der „starke Mann“ im Land der „Schwarzen Berge“, hat in seiner mittlerweile 15-jährigen politischen Laufbahn noch keine entscheidende Wahlschlappe hinnehmen müssen. Nach allen Umfragen liegen die Befürworter der Unabhängigkeit in Führung. Die notwendigen 55 Prozent werden jedoch in unabhängigen Studien kaum erreicht.

Die „Souveränisten“ strotzen dennoch vor Selbstvertrauen und verweisen auf die große Zahl der noch Unentschlossenen. Das Djukanovic-Lager ist überzeugt, diese Wähler im Endspurt mobilisieren zu können, um den „Traum“ von der Unabhängigkeit zu verwirklichen. „Ein Scheitern des Referendums ist gar nicht möglich“, lautet das selbstbewusste Motto der Regierung.

Die Opposition, angeführt von Predrag Bulatovic, dem Vorsitzender der Sozialistischen Volkspartei, setzt sich hingegen für den Verbleib Montenegros in einem Staatenbund mit Serbien ein. Auch die „Unionisten“ sind siegessicher. „Der serbisch-montenegrinische Staatenbund bleibt erhalten“, versichert Bulatovic seinen Anhängern. Stimmberechtigt sind fast 485.000 Bürger.

Die montenegrinische Gesellschaft ist in der Unabhängigkeitsfrage tief gespalten. Viele Montenegriner fühlen sich nach wie vor als Serben. Politische Beobachter gehen davon aus, dass diese „emotionale Teilung“ – unabhängig vom Ergebnis – auch nach der Volksabstimmung anhalten wird.

Besonders heikel und gesellschaftspolitisch brisant dürfte es werden, wenn zwischen 50 und 55 Prozent („Graue Zone“) für die Unabhängigkeit stimmen. Zwar wäre in diesem Fall eine demokratische Mehrheit gegeben, jedoch die notwendige 55-Prozent-Marke verfehlt. Damit die Situation in Montenegro nicht noch angespannter wird und die „Zweiteilung“ des Landes zementiert wird, hoffen viele Beobachter auf eine „klare Entscheidung“, die möglichst nicht in der „Grauen Zone“ liegt.

Montenegro bildet seit 2003 mit Serbien einen Staatenbund, der auf starken Druck der EU zu Stande gekommen ist und den beiden in vielerlei Hinsicht ungleichen Republiken umfassende Eigenrechte sichert. Auf gesamtstaatlicher Ebene funktionierte jedoch von Anfang an so gut wie gar nichts. Debatten über die Zukunft Serbien-Montenegros wird es – völlig unabhängig vom Ergebnis des Unabhängigkeits-Referendums – in jedem Fall geben.

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