Bei neuen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Fatah-Bewegung des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und der radikal-islamischen Hamas-Regierung wurden am Donnerstagabend in Gaza mindestens drei Angehörige von Sicherheitsdiensten verletzt. US-Außenministerin Condoleezza Rice bezeichnete die anhaltende Konfrontation als gefährlich. Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert will am Sonntag in die USA reisen, in Ägypten ist ein Treffen zwischen Israels Vizepremier Shimon Peres und Außenministerin Zippi Livni mit Abbas geplant.
Die Schießerei trug sich in der Nähe des Parlamentsgebäudes und der Polizeizentrale zu. Die Polizei, die weitgehend loyal zu Präsident Abbas steht, wurde über Rundfunk aufgerufen, Angriffe der Hamas mit Gewalt zu beantworten. Milizionäre der Hamas riegelten Zufahrtsstraßen zum Polizeihauptquartier ab. In mehreren Stadtteilen Gazas kam es dann zu Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern der konkurrierenden Sicherheitsdienste. Zwei Verletzte sollen der von Abbas geführten Polizei angehören, der dritte der von der Hamas-Regierung neu geschaffenen Truppe. Hunderte Mitglieder der rivalisierenden Sicherheitskräfte patrouillierten auch am Freitag durch die Straßen der Stadt.
Die Angaben über die Auslöser der Unruhen waren widersprüchlich: Provokateure hätten an verschiedenenen Orten in Gaza für Unruhe sorgen wollen, indem sie das Feuer auf die Polizei und den neuen Sicherheitsdienst eröffneten, sagte ein Sprecher des palästinensischen Innenministeriums. Fatah-Sprecher Taufik Abu Khussa beschuldigte die Ezzedin-al-Kassam-Brigaden, den bewaffneten Arm der Hamas, die Konfrontation gezielt zu schüren. Deren Mitglieder hätten ein Fahrzeug der neuen Sicherheitskräfte gestohlen und von diesem aus auf die Palästinenser-Polizei geschossen.
Rice äußerte sich nach einem Treffen mit dem saudiarabischen Außenminister Saud el Faisal in Washington besorgt über das durch die Präsenz konkurrierender Sicherheitskräfte sehr gespannte Klima. Die Außenministerin sprach sich erneut dafür aus, Abbas den Oberbefehl über die Sicherheitskräfte zu überlassen. Er müsse die Möglichkeit haben, seine Pflichten als Präsident zu erfüllen, betonte Rice. Die Palästinenser hätten ein Recht auf eine sichere Umgebung, die Führung sei verpflichtet, die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Die USA lehnen jeglichen Kontakt zur Hamas ab, weil diese das Existenzrecht Israels nicht anerkennt.
Am Mittwoch hatte die Hamas-Regierung gegen den Widerstand Abbas eine 3000 Mann starke Truppe zur Sicherung des Gaza-Streifens entsandt, die direkt dem Hamas-Innenminister Said Siam unterstellt ist. Im Gegenzug hatte Abbas die Präsenz seiner Sicherheitskräfte verstärkt. Die Hamas hatte die Gründung der neuen Truppe mit der Gesetzlosigkeit in den Straßen des Gaza-Streifens und der Schwäche der regulären Truppen begründet.
Die anhaltende Konfrontation in den Palästinenser-Gebieten dürfte auch bei Olmerts am Sonntag beginnenden Besuch in den USA ein Thema sein. Bei seiner ersten Auslandsreise seit seinem Amtsantritt als Ministerpräsident will Olmert nach Angaben aus seinem Umfeld bei US-Präsident George W. Bush für seinen Plan zur Festlegung der Grenzen und den geplanten einseitigen Teilrückzug aus dem Westjordanland werben. Gleichzeitig wolle der Ministerpräsident die Bereitschaft Israels zu neuen Verhandlungen mit den Palästinensern deutlich machen. Olmert forderte Abbas auf, die Hamas und andere terroristische Organisationen zu entwaffnen. Dieser Schritt müsse nicht zwangsläufig zu einem Bürgerkrieg führen.
Erstmals seit dem Wahlsieg der Hamas im Jänner sollten Israels Vizepremier Peres und Außenministerin Livni am Sonntag im ägyptischen Sharm el Sheikh am Rande eines Wirtschaftsforums mit Abbas zusammentreffen. Bei den Gesprächen solle es nicht um Grenzziehungen, sondern um Wirtschaftsfragen gehen, sagte Peres im Militärrundfunk. Seit die USA und die EU ihre Finanzhilfen eingefroren haben, ist die Palästinenser-Behörde in eine tiefe Haushaltskrise gerutscht.