Er hatte auf seinem Balkon eine Hakenkreuz-Fahne geschwenkt und Sieg Heil! Heil Hitler! gerufen. Zeitgleich fand im Grauen Haus ein zweites Geschworenenverfahren nach dem Verbotsgesetz statt: Die Staatsanwaltschaft legte einem 21-jährigen Studenten zur Last, auf der Rampe der Hauptuniversität den Arm zum Hitlergruß ausgestreckt und ebenfalls Heil Hitler! von sich gegeben zu haben.
Der Student, Mitglied der Burschenschaft Olympia, wurde allerdings mit 4:4 Stimmen rechtskräftig freigesprochen. In seinem Fall gelangten die Laienrichter zur Ansicht, dass keine Wiederbetätigung vorlag. Ihnen erschienen die Angaben der Zeugen nicht aussagekräftig genug, um mit der für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit davon ausgehen zu können, dass vorsätzliches Handeln in Sinne des Verbotsgesetzes gegeben war. Der Staatsanwalt war damit einverstanden, die Entscheidung ist bereits rechtskräftig.
Der Burschenschaftler hatte am 5. Mai 2005 auf der Universität Wien mit zwei Gesinnungsgenossen Plakate mit dem Text 8. Mai 1945, Tod und Niederlage, Wir feiern nicht!!! angebracht. An besagtem Tag hatte die deutsche Wehrmacht ihre bedingungslose Kapitulation erklärt, das Datum wird als Ende des Zweiten Weltkriegs auf europäischem Boden angesehen.
Ein junger Mann beobachtete das Trio und riss den von ihnen angebrachten Text unverzüglich vom Plakatständer, dessen sie sich bedient hatten. Ich habe mich persönlich beleidigt gefühlt, erklärte er nun einem Schwurgericht (Vorsitz: Bernhard Kucera). Ein Teil seiner Familie sei im Holocaust umgekommen, sein Großvater habe nach der Machtergreifung der Nazis emigrieren müssen.
Die Burschenschaftler wären darauf mit paramilitärischem Auftreten auf ihn losgegangen, hätten ihn als linke Zecke und Verräter am Großdeutschen Reich beschimpft, gab der Zeuge zu Protokoll. Der Beschuldigte habe sich ganz besonders echauffiert und geschrien: Wir sind im Gegensatz zu euch dem Führer treu! Dazu habe er nicht gerade die Haken zusammen geschlagen, aber doch den Hitlergruß zum Besten gegeben: Dabei ist ein Heil Hitler über seine Lippen gehuscht.
Der Koch wiederum war seinen Nachbarn aufgefallen, als er am frühen Morgen des 1. Jänner 2005 nach einer ausgedehnten, alkoholgeladenen Silvesterfeier auf seinen Balkon trat. Minutenlang schwenkte er eine in die Mündung eines Spielzeuggewehrs gesteckte Hakenkreuz-Fahne und brüllte Nazi-Parolen. Die Anrainer verständigten die Polizei.
Als die Beamten den Mann zur Rede stellten, wurde dieser ausfällig. Laut Polizeiprotokoll herrschte er sie an: Wer hat euch eigentlich angerufen? Wen stört das? Sicher die Jugos oder die Juden! Einen Österreicher würd so etwas nicht stören! Der 27-Jährige ist mit einer Slowakin verheiratet.
Ich kann mich an nix erinnern. Wahrscheinlich wird es so gewesen sein, verwies er nun im Grauen Haus auf seinen ausgiebigen Alkoholkonsum, der ihm die Erinnerung geraubt habe. Er habe mit Freunden Bier, Wodka und Absinth getrunken. Für Verteidiger Werner Tomanek war sein Mandant voll berauscht. Er hält das Urteil daher für verfehlt und meldete unverzüglich Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.