Ungarn: Protestanten drohen weiter
Das berichtete die Ungarische Nachrichtenagentur MTI. Aus den Lautsprechern ertönte nur noch leise revolutionäre Musik, während auf der Bühne Redner den Rücktritt von Premier Ferenc Gyurcsany und seiner Regierung forderten.
Demonstranten schliefen in der Nacht auf der Rasenfläche oder in den aufgestellten Zelten. Freiwillige sammelten den Müll ein, während selbst ernannte revolutionäre Nationalgardisten rund um den Kossuth-Platz patrouillieren, wo der öffentliche Verkehr reibungslos verläuft. In der Nacht trafen immer mehr Obdachlose vor dem Parlament ein, um ein kostenloses Abendessen zu erhalten.
Laut Aussage des Sprechers des Budapester Polizeipräsidiums, Peter Schön, gab es in der Nacht keine Ordnungsverstöße, so dass die Polizei nicht eingreifen musste. Bei einem Zwischenfall auf dem Kossuth-Platz fügte sich ein Mann selbst mit einem Messer mehrere Stiche zu; er wurde in ein Spital eingeliefert. Der Mann erklärte der Polizei, sich wegen persönlicher Probleme selbst verletzt zu haben. Das Messer wurde bei dem Verletzten gefunden.
Die Organisatoren der Demonstration auf dem Kossuth-Platz, die bereits den 11. Tag andauert, wollen Freitagnacht den Platz nicht räumen, wenn angesichts der Kommunalwahlen am 1. Oktober Kampagne-Ruhe angeordnet ist. Wie Andras Takacs, Leiter der Organisation Ungarisches Nationalkomitee 2006, erklärte, soll die Demonstration als Kulturfestival weitergeführt werden, ohne die gewohnte Hyde-Park-Stimmung, in der jeder zu den Demonstranten sprechen kann, so Takacs. Die Demonstranten würden den Platz nicht verlassen und sich im Notfall an den Schutzkordon anketten. Eine Räumung des Platzes durch die Polizei würde zur Eskalation führen. Wahlexperten hatten erklärt, eine politische Veranstaltung könne nicht einfach zu einem Kulturfestival umgepolt werden.
Der ungarische Staatspräsident Laszlo Solyom erklärte hinsichtlich der Forderungen der Demonstranten nach umgehender Einberufung einer konstituierenden Nationalversammlung, dass die ungarische Verfassung eine solche Institution nicht kenne.