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CIA: Guantánamo-Häftling vernommen

Der im August freigelassene Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz hat am Mittwoch vor dem CIA-Ausschuss des EU-Parlaments die Misshandlung durch deutsche Soldaten beschrieben.

Auch schilderte er die fehlende Unterstützung durch deutsche und türkische Behörden während seiner Haft sowie erneut die angebliche Misshandlung durch Soldaten des deutschen Kommandos Spezialkräfte (KSK) in Afghanistan. Die deutschen Soldaten hätten ihm keine Gelegenheit gegeben, Hilfe zu verlangen, sagte der in Deutschland geborene türkische Staatsbürger. Auch die deutschen Beamten, die ihn zwei Mal im Gefängnis auf Kuba besuchten, hätten keine Unterstützung angeboten.

Kurnaz war von Jänner 2002 bis August 2006 im US-Gefängnis auf Kuba gefangen gehalten worden. Dabei sei er zwei Mal von deutschen Behörden (2002 und 2004) besucht worden, die ihn ausführlich befragt hätten, schilderte Kurnaz. „Freundlich sind sie nicht gewesen, und sie haben nicht gesagt, dass sie helfen wollen.“

Als problematisch sei ihm dargestellt worden, dass Kurnaz türkischer Staatsbürger ist. Später habe man jedoch erfahren, dass es eine „sehr enge Kooperation zwischen Deutschland und den USA“ im Fall Kurnaz gegeben habe, erläuterte Kurnaz’ Anwalt Bernhard Docke. Auch die türkische Regierung habe sich nicht um Kurnaz gekümmert. Sie hätte gesagt, dass sie „nichts für mich tun können. Alle anderen türkischen Staatsangehörigen sind lange vor mir zurückgeholt worden“. Er sei von türkischer Seite für einen deutschen Spion gehalten worden, da er Freunde bei der deutschen Polizei hatte, sagte Kurnaz.

Kurnaz war in Afghanistan in Gefangenschaft geraten wegen Vorwürfen, dort für die Taliban kämpfen zu wollen. Ein dahingehendes Verfahren in Deutschland ist mittlerweile eingestellt worden. Kurnaz ist nach eigenen Angaben ursprünglich auch nicht nach Afghanistan gereist, wo er verhaftet wurde, sondern nach Pakistan. „Ich bin nach Pakistan gegangen, um meinen Glauben besser kennen zu lernen“, sagte Kurnaz. Dort sei er von Pakistanis aufgegriffen und nach Afghanistan überstellt worden, wo er den US-Streitkräften übergeben wurde. Kurnaz sieht sich als „Kopfgeldopfer“: „Ich wurde den Amerikanern für 3.000 bis 5.000 Dollar verkauft.“

In Afghanistan sei er „auf unterschiedliche Weise gefoltert“ und auch durch zwei deutsche Soldaten misshandelt worden. „Wir sind das KSK“, haben diese laut Kurnaz gesagt, und ihm dann den Kopf auf den Boden geschlagen sowie ihn getreten. „Sie fanden das lustig.“ In Deutschland sei zuerst geleugnet worden, dass diese Spezialeinheit überhaupt zu diesem Zeitpunkt in Afghanistan war. Nun werde offiziell bestätigt, dass Kurnaz mit deutschen Soldaten zusammengetroffen sei. Die Misshandlung werde jedoch geleugnet. „Die Regierung hat versucht, mich als Lügner darzustellen.“

Dann sei er nach Guantanamo überstellt worden. Kaum Auskünfte konnte Kurnaz zum eigentlichen Thema des CIA-Ausschusses, den Überflügen und geheimen Gefangenenlagern in Europa, äußern. Es sei ihm beim Flug nach Guantanamo wegen einer Maske und eines Ohrenschutzes unmöglich gewesen, nähere Informationen aufzunehmen. Mitgefangene hätten ihm von einer oder zwei Zwischenlandungen und auch einem Flugzeugwechsel während ihrer Überstellung erzählt, ohne nähere Angaben zu machen.

Ein erstes Freilassungsangebot der US-Amerikaner sei von deutscher Seite ausgeschlagen worden. Eine mögliche Begründung dafür seien Auflagen von Seiten der Amerikaner gewesen, die u. a. eine 24-stündige Überwachung Kurnaz’ nach seiner Rückkehr forderten, so Docke. Der erste Anwaltsbesuch sei Kurnaz erst 2004 erlaubt worden.

In Deutschland beschäftigen sich zwei Ausschüsse mit dem Fall Kurnaz. Der CIA-Ausschuss des EU-Parlaments beklagt, dass die deutsche Regierung sich bisher weder gegenüber dem Ausschuss konkret geäußert noch auf Einladungen reagiert habe.

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