UNO-Generalsekretär Kofi Annan sprach am Dienstag (Ortszeit) von kaltblütigem Mord. Der UNO-Sicherheitsrat verurteilte den Anschlag und sprach sich für die Einsetzung eines Tribunals aus, das die Hintergründe der Ermordung des früheren Regierungschefs Rafik Hariri aufklären soll. Tausende begleiteten am Mittwoch die Überführung der Leiche Gemayels in seinen Heimatort im Osten Beiruts, wo er am Donnerstag beigesetzt werden sollte.
Die Regierungen der USA, Deutschlands und Frankreichs verurteilten den Mord an Gemayel, der aus einer bekannten Politiker-Familie maronitischer Christen stammt. Der 34-Jährige war der Sohn des ehemaligen Präsidenten Amin Gemayel und der Neffe des 1982 ermordeten Staatschefs Beshir Gemayel. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach am Mittwoch im Bundestag von einem feigen Mord und trat für die Selbstständigkeit des Libanon ein. US-Präsident George W. Bush erklärte: Heute haben wir wieder die böse Fratze derer gesehen, die die Freiheit verachten. Der Präsident warf dem Iran und Syrien vor, im Libanon Instabilität zu schüren.
Frankreichs Außenminister Philippe Douste-Blazy sieht die Wiederaufnahme eines umfassenden Dialogs mit Syrien nach dem Mordanschlag in weite Ferne gerückt. Das Attentat sei ein Anschlag auf die Souveränität und Unabhängigkeit des Libanon, sagte Douste-Blazy dem Radiosender France Info. Papst Benedikt XVI. verurteilte das brutale Attentat. Die EU kündigte an, alles zu unternehmen, um die derzeitige Regierung von Ministerpräsident Fuad Siniora zu unterstützen.
Der UNO-Sicherheitsrat rief alle Parteien im Libanon und der Region dazu auf, Zurückhaltung zu üben und sich verantwortungsvoll zu verhalten. Einen Beitrag zur Stabilisierung des Libanon soll die Aufklärung des Hariri-Mordes leisten. Nach der Empfehlung des UNO-Sicherheitsrats soll ein internationales Tribunal den Fall übernehmen. Der Anschlag auf Hariri im Februar 2005 hatte Massenproteste im Libanon ausgelöst und schließlich zum Abzug der syrischen Truppen geführt.
UNO-Sonderermittler suchen die Verantwortlichen für mehr als ein Dutzend Morde an zum Teil hochrangigen Syrien-kritischen Politikern im Libanon in den vergangenen zwei Jahren unter anderem im Umfeld des syrischen Präsidenten Bashar el Assad sowie des pro-syrischen libanesischen Präsidenten Emile Lahoud. Bevor das Tribunal seine Arbeit aufnehmen kann, müssen Parlament, Präsident und Regierungschef in Beirut ihr Einverständnis geben.
Die Regierung Sinioras, die nach dem Rücktritt von sechs pro-syrischen Ministern geschwächt ist, muss mit dem Tod von Gemayel einen schweren Verlust verkraften. Die von Syrien unterstützte Hisbollah-Partei, die aus dem Konflikt im Sommer mit Israel gestärkt hervorging, hatte wiederholt zu Massendemonstrationen aufgerufen, um eine Regierungsumbildung zu erzwingen. Siniora forderte die Libanesen auf, den Mördern nicht die Kontrolle über das Schicksal des Landes zu überlassen.
Das anti-syrische Lager rief zur Teilnahme an den Trauerfeierlichkeiten für Gemayel auf, um damit die Unterstützung für die Regierung Siniora zu signalisieren. Schon am Mittwoch versammelten sich tausende Libanesen in der christlichen Hochburg Bikfaya, woher die Familie Gemayel stammt. Mit traditionellen Gewehrsalven und Klagerufen begleiteten die Menschen den Leichenwagen, in dem der als Märtyrer für die Unabhängigkeit gepriesene Politiker ins Haus seiner Familie gebracht wurde.
Seit Mittwoch gilt im Libanon eine dreitägige Staatstrauer. Die Feierlichkeiten für den 63. Jahrestag der Unabhängigkeit wurden abgesagt.