Gaza: Erster Tag der Waffenruhe
Bis Montag wurden keine weiteren Verstöße gemeldet. Kurz nach Inkrafttreten am Sonntag in der Früh hatten militante Palästinenser noch weitere Raketen auf das israelische Grenzgebiet abgefeuert. Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert und der palästinensische Präsident Mahmud Abbas hatten sich wenige Stunden zuvor telefonisch auf die Waffenruhe verständigt.
Olmert äußerte sich ungeachtet der Verstöße optimistisch und rief zur Geduld auf. Abbas wies seine Sicherheitschefs an, die Umsetzung der Waffenruhe vor Ort zu gewährleisten. Israelischen Medienberichten sollen mehr als 13.000 Mann palästinensische Sicherheitskräfte entlang der Grenze zu Israel aufgestellt werden, um weitere Angriffe zu unterbinden. Außenministerin Ursula Plassnik (V) begrüßte die Waffenruhe als Chance auf die lang ersehnte Wendung im Sinne der Vernunft und des Dialogs im Nahost-Konflikt.
Zu dem Abschuss der Raketen, die kurz nach Inkrafttreten der Vereinbarung im Umkreis der israelischen Grenzstadt Sderot eingeschlagen waren, bekannten sich die militärischen Flügel der radikalen Gruppen Hamas und Islamischer Jihad (al-Jihad al-Islami). Der palästinensische Ministerpräsident Ismail Haniyeh (Hamas) rief daraufhin alle Fraktionen auf, die Waffenruhe einzuhalten.
Ein Sprecher der radikalen Hamas-Regierung kündigte eine Untersuchung der palästinensischen Angriffe an. Ghazi Hamad betonte, alle palästinensischen Gruppierungen hätten der Waffenruhe zugestimmt. Israel hat die Aggression gegen unser Volk gestoppt, deshalb müssen wir die Waffenruhe einhalten, betonte Hamad.
Olmert sagte nach israelischen Medienberichten, Israel werde in den kommenden Tagen Zurückhaltung zeigen und der Waffenruhe eine Chance geben. Er drückte die Hoffnung auf eine Ausweitung der Waffenruhe auch auf das Westjordanland aus. Verantwortung und guter Wille könnten zur Aufnahme ernsthafter Verhandlungen führen, und ich hoffe, dass dies bald geschehen wird, erklärte der Regierungschef. Eine Waffenruhe könne auch den Weg für eine rasche Freilassung des im Juni in den Gaza-Streifen entführten israelischen Soldaten Gilad Shalit ebnen, meinte Olmert.
Der israelische Verteidigungsminister Amir Peretz sagte, Israel werde auf jeden Angriff in aller Härte reagieren. Die israelische Bildungsministerin Yuli Tamir erklärte während eines Besuch in einer Schule in Sderot, Israel könne keine Zurückhaltung üben, sollte der Raketenbeschuss andauern.
Der politische Führer der Hamas-Bewegung, Khaled Meshaal (Mechaal/Mashaal), rückte indes von seinem Ultimatum für Verhandlungen mit Israel ab. Er hatte am Vortag eine Frist von sechs Monaten für Gespräche genannt. Am Sonntagabend sagte er nun im ägyptischen Fernsehen, die Hamas werde Friedensverhandlungen auch acht Monate oder ein Jahr Zeit geben.
Unterdessen forderte König Abdullah von Jordanien die USA auf, sich stärker für eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts zu engagieren. Dies sei das emotionale Kernproblem, das über die Grenzen der arabisch-muslimischen Welt hinaus wirke, sagte Abdullah dem US-Fernsehsender ABC am Sonntag. Deshalb müsse dieser Konflikt Priorität für die US-Regierung haben und nicht der Irak- Krieg. Der König warnte vor dem drohenden Ausbruch von gleich drei Bürgerkriegen in den Palästinensergebieten, dem Libanon und im Irak.