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Gaza: Keine Entspannung im Machtkampf

Ungeachtet eines Waffenstillstands sind die Kämpfe zwischen Angehörigen der verfeindeten palästinensischen Organisationen Hamas und Fatah am Dienstag abermals eskaliert. Pressestimmen | 

Am Morgen kam es zu einer Schießerei vor einem Krankenhaus in Gaza. Dabei kamen mindestens drei Menschen ums Leben, fast zwanzig weitere wurden verwundet. Unter den Verletzten befanden sich auch fünf Kinder, die auf dem Weg zur Schule ins Kreuzfeuer gerieten.

Die Schießerei brach aus, als ein Mitglied des Fatah-dominierten Geheimdienstes wegen eines Beinbruchs in die Shifa-Klinik eingeliefert werden sollte. Milizionäre der Hamas, die die Klinik bewachten, wollten die bewaffneten Begleiter des Patienten nicht einlassen und versuchten, diese festzunehmen. Kurz darauf schossen beide Seiten aufeinander. Dabei wurden ein Hamas-Polizist sowie zwei Sicherheitsbeamte der Fatah getötet. Die Hamas meldete ferner die Entführung eines ihrer Aktivisten durch die Gegenseite.

Die Gefechte breiteten sich auch auf andere Gebiete von Gaza aus, wie aus palästinensischen Sicherheitskreisen verlautete. Das Hauptquartier des Geheimdienstes wurde mit Mörsern und Granaten angegriffen. Auch wurde das Automobil des Gouverneurs des nördlichen Gaza-Streifens beschossen. Der Fatah-Politiker Ismail Abu Shamallah blieb unverletzt.

Bei der Residenz von Präsident Mahmoud Abbas in Gaza fielen wieder Schüsse. Vermummte Angreifer feuerten auf Wachen an einem Kontrollposten. Der Präsident hält sich aber nicht in Gaza, sondern in Ramallah im Westjordanland auf. Seine Ankündigung vom Samstag, vorgezogene Parlaments- und Präsidentenwahlen abhalten zu lassen, hatte den Machtkampf mit der regierenden Hamas von Premierminister Ismail Haniyeh auf einen neuen Höhepunkt getrieben. Die Hamas, die die allgemeinen Wahlen vom Jänner mit großer Mehrheit gewonnen hatte, sprach von einem „Staatsstreich gegen den Volkswillen“.

Die USA stellten sich hinter die Forderung von Abbas nach palästinensischen Neuwahlen. Die verfassungsrechtliche Grundlage sei allerdings nicht ganz klar, räumte US-Außenamtssprecher Sean McCormack am Montag (Ortszeit) in Washington ein. Präsident George W. Bush wolle sich beim Kongress dafür einsetzen, dass die Truppen von Abbas Ausbildung sowie finanzielle und logistische Unterstützung erhielten.

Israelische Soldaten töteten am Dienstag im Westjordanland einen gesuchten Palästinenser. Zwei weitere mutmaßliche Extremisten wurden verletzt festgenommen, wie die Streitkräfte mitteilten. Die Männer waren demnach in einem Auto in Nablus unterwegs. Als sie versuchten zu entkommen, begannen die Soldaten zu schießen. Bei dem Getöteten handle es sich um ein 24-jähriges Mitglied der „Al-Aksa-Märtyrerbrigaden“, die zur Fatah gehören, teilte diese radikale Gruppe mit.

Hamas-Kämpfer umstellen Hauptquartier von Fatah-Sicherheitskräften

Etwa hundert Hamas-Kämpfer haben am Dienstag das Hauptquartier der Fatah-kontrollierten Sicherheitskräfte in Jabalija im nördlichen Gaza-Streifen umzingelt. Ein im Gebäude anwesender Polizeioffizier sagte der Nachrichtenagentur AFP, dutzende Mitglieder des bewaffneten Arms der Hamas versuchten einen Sturmangriff auf das Hauptquartier. Es gebe viele Schüsse. Aus Sicherheitskreisen hieß es, die dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas ergebenen Sicherheitskräfte hätten zuvor ein Hamas-Mitglied festgenommen, die Kämpfer der radikalislamischen Hamas wollten den Mann nun befreien.

Abbas rief die Konfliktparteien unterdessen zum Gewaltverzicht auf. Dies sei erforderlich, um die „nationale Einheit“ der Palästinenser zu retten, erklärte er in Ramallah im Westjordanland. Hamas und Fatah hatten am Sonntagabend einen Waffenstillstand geschlossen, der sich als zunehmend brüchig erwies.

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