Europa schwächt sich in seiner Kraft und Durchsetzungsfähigkeit, wenn es uneinig ist, betonte die Regierungschefin und amtierende EU-Ratsvorsitzende in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der in Düsseldorf erscheinenden Zeitung Rheinische Post.
Die US-Pläne haben zu Kontroversen innerhalb der deutschen Regierungskoalition geführt. SPD-Vorsitzender Kurt Beck lehnt die Stationierung der US-Raketen in Polen und Tschechien kategorisch ab. Der deutsche Bundestagsvizepräsident und stellvertretende SPD-Vorsitzende Wolfgang Thierse forderte in einem Zeitungsinterview die Freiheit ein, politische und militärische Pläne der USA auch öffentlich und kritisch zu diskutieren. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hat die Unionsparteien aufgerufen, den Bürgern klipp und klar zu sagen, welche Position sie einnehmen. Der deutsche Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten und Sozialisten im Europäischen Parlament, Martin Schulz, sagte: Wir Sozialdemokraten wollen keinen neuen Rüstungswettlauf in Europa.
Die Berliner Zeitung schrieb in einer Analyse am Mittwoch: Es ist eine seltsame Debatte, die derzeit in der schwarz-roten Koalition um die Raketenschirm-Pläne der USA geführt wird. (…) Das Argument, im NATO-Rahmen gäbe es wenigstens für die Europäer Mitsprachemöglichkeiten und zumindest Russland könne über den NATO-Russland-Rat eingebunden werden, mutet eher rührend an. Denn niemand kann ernsthaft annehmen, dass die USA, NATO-Etikett hin oder her, in entscheidenden Punkten wirkliche Mitsprache zulassen würden. Wer etwas anderes glaubt, der sollte sich das NATO-System der so genannten nuklearen Teilhabe anschauen. (…) In der laufenden Debatte spielt kaum eine Rolle, dass die USA mit ihrem Stationierungsantrag in Polen und Tschechien erneut eine europapolitische Offensive gestartet haben, die auf eine Spaltung der Europäischen Union abzielt.