Verschwundene Parkinson-Kranke
Doch nur etwa 8.000 lassen sich erheben. Eine Initiative rund um den österreichischen Welt-Parkinson-Tag (11. April) will jetzt für mehr Öffentlichkeit sorgen und fordert einen Rahmenplan für die Diagnose und Betreuung der Betroffenen.
Wir können rund 8.000 Patienten lokalisieren. Es sollten aber 20.000 sein. Wo sind die anderen 12.000? Das sind die Leute, die nie von einem Spezialisten gesehen worden sind, sagte Dieter Volc, Neurologe und Parkinson-Spezialist am Wiener Privatspital Konfraternität am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
Morbus Parkinson entsteht durch einen Mangel an dem Nervenbotenstoff Dopamin im Gehirn. Die Symptome beginnen schleichend. Oft sind es Depressionen, Verstopfung oder erektile Dysfunktion. Einseitiges Zittern und Bewegungsschwäche stellen sich oft erst später ein. Das kann die Diagnose deutlich hinauszögern. Die medizinische Therapie reicht von Medikamenten (L-Dopa, Dopamin-Abbau-Hemmer etc.) bis zu tiefen Hirnstimulation, bei der medikamentös nicht ausreichend behandelbare Symptome durch elektrische Reize über Elektroden im Gehirn abgeschaltet werden. Das Problem liegt aber darin, dass die Medizin allein nur ein Teil ist. Hinzu kommen Physiko- und Ergotherapie, psychologische Hilfe für den direkt Betroffenen und Unterstützung für die Angehörigen.
Diese Krankheit wurde zu Unrecht in eine Nische gerückt. Auf Grund ihrer Komplexität stellt diese Erkrankung einen klassischen Fall für ein so genanntes Disease Management Programm dar, sagte Robert Schlögel, Sektionsleiter im Gesundheitsministerium. In einem solchen Programm könnten die Eckpunkte der Betreuung fixiert werden. Andererseits könnten sich auch eine bessere Honorierung der Rundum-Versorgung durch speziell dafür ausgebildete Allgemeinmediziner bedeuten. Ein solches Projekt wurde in Österreich für Diabetes begonnen.
Die Versorgung der Patienten wird noch dadurch erschwert, dass verschiedenste Berufsgruppen zusammenarbeiten müssen:
Allgemeinmediziner, Fachärzte, Apotheker, Therapeuten etc. Hinzu kommt die Behinderung der Betroffenen, die sie auch am Vertreten ihrer ureigensten Interessen gegenüber dem Gesundheits- und Sozialsystem benachteiligt.
Erwin Rebhandl, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin: Die Symptome eines beginnenden Morbus Parkinson werden oft relativ lange verschleppt. Es gibt aber auch och zu wenige Angebote am Land, zum Beispiel Ergotherapeuten zu bekommen. Hingegen sind fast alle Parkinson-Medikamente ohne Chefarztgenehmigung verschreibbar. Prinzipiell wäre auch die Versorgung mit Neurologen in Österreich gut.
Die Probleme der Patienten wurden in einer Umfrage erhoben: Bei mehr als zwei Drittel dauerte es länger als ein Jahr von den ersten Symptomen bis zum Beginn der Behandlung, wodurch unnötig Zeit verloren ging. 95 Prozent der Betroffenen wollen umfassend über ihre Erkrankung informiert werden. Für 93 Prozent ist der problemlose Kostenersatz für schulmedizinische Therapeutika essenziell – und schließlich 91 Prozent betonten, dass die Möglichkeit von Dauerverschreibungen für sie besonders wichtig ist.