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Türkei: Neuwahl am 22.Juli beschlossen

Mit einer vorgezogenen Parlamentswahl am 22. Juli versucht die Türkei die andauernde Staatskrise zu überwinden. Der Termin für die Neuwahlen wurde einstimmig beschlossen.

Das Parlament in Ankara legte am Donnerstag den Termin einstimmig fest und bestätigte damit einen entsprechenden Vorschlag des Verfassungsausschusses. Die Krise hatte sich an der Wahl eines neuen Staatspräsidenten entzündet. Planmäßig hätten die Türken am 4. November ein neues Parlament gewählt.

458 Abgeordnete billigten am Donnerstag einhellig diesen von der Wahlbehörde vorgeschlagen Termin. Neben der Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan votierte auch die größte Oppositionspartei, die kemalistische Republikanische Volkspartei CHP, dafür, die bereits seit längerem Neuwahlen fordert. Die sozialdemokratische CHP hätte einen Termin Anfang Juni oder im September allerdings bevorzugt, um eine möglichst hohe Wahlbeteiligung zu gewährleisten.

Die regierende islamisch geprägte AKP von Ministerpräsident Tayyip Erdogan, die im Parlament über eine breite Mehrheit verfügt, hat Außenminister Abdullah Gül als Kandidaten für das Amt des Staatsoberhaupts nominiert. Da der Präsident vom Parlament bestimmt wird, galt die Wahl Güls zunächst als sicher. Die weltliche Elite des Landes lehnt den ebenfalls islamisch geprägten Gül allerdings ab.

Die Opposition hatte deshalb die erste Runde der Präsidentenwahl im Parlament am Freitag vergangener Woche boykottiert. Das Oberste Gericht erklärte die Abstimmung daraufhin am Dienstag für nichtig. Im dritten Wahlgang hätte Gül eine absolute Mehrheit genügt, um Nachfolger von Ahmed Necdet Sezer zu werden. Als Ausweg aus der Krise hatte Erdogan am Mittwoch vorgezogene Parlamentswahlen für den 24. Juni vorgeschlagen.

Die weltlichen Kräfte in der Türkei, allen voran das Militär, wollen eine Doppelspitze Erdogan-Gül mit aller Macht verhindern. Sie befürchten, dass damit die von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk festgeschriebene Trennung von Staat und Religion aufgeweicht und das Land islamisiert werden könnte. Erdogan und Gül weisen dies zurück. Erdogan hat zudem vorgeschlagen, den Staatspräsidenten künftig direkt vom Volk wählen zu lassen. Die Amtszeit von Präsident Ahmet Necdet Sezer läuft am 16. Mai ab. Dass bis dahin ein Nachfolger gewählt ist, gilt als unwahrscheinlich. Sezer würde dann weiter im Amt bleiben.

Politische Beobachter rechnen damit, dass die AKP aus vorgezogenen Wahlen erneut als stärkste Kraft hervorgehen würde. Fraglich ist aber, ob Erdogans Partei angesichts zunehmender nationalistischer und anti-islamischer Tendenzen in der Türkei wird weiter allein regieren können. Am vergangenen Wochenende demonstrierten in Istanbul eine Million Menschen gegen die Regierung. Allerdings müssen Parteien für den Einzug ins Parlament die relativ hohe Zehn-Prozent-Hürde überspringen.

Erdogan, der wie Gül vor der Gründung der AKP einer deklariert islamischen Partei angehört und auch solche Thesen vertreten hatte, setzt offenbar auf die Bestätigung seines Mandats und einen erneuten Wahlsieg der AKP. Beobachtern zufolge riskiert er aber auch ein Erstarken der säkular orientierten Parteien. Als nicht ideal gilt für diese Parteien der nunmehr festgelegte Wahltermin mitten im Hochsommer. Die Wahlbehörde hatte aber erklärt, ein Juni-Termin sei nicht durchführbar.

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