EU: Türkei in drei Fällen verurteilt
Die Straßburger Richter gaben am Donnerstag einem mutmaßlichen Mitglied der verbotenen Kurdenpartei PKK und einem schwer körperbehinderten Aktivisten einer linksextremen Splitterpartei Recht. In einem dritten Fall verurteilte das Straßburger Gericht Ankara wegen der Auflösung einer 1997 gegründeten Partei, die für die Rechte von Kurden und anderen Minderheiten eingetreten war. Der Partei und ihrem Gründer wurde Schadenersatz in Höhe von 15.000 Euro zuerkannt.
Einer der Kläger, ein 42 Jahre alter Mann, war im Dezember 1993 unter dem Verdacht der Zugehörigkeit zur PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) festgenommen und 15 Tage in Polizeigewahrsam gehalten worden. Nach eigenen Aussagen wurde er so lange gefoltert, unter anderem mit Elektroschocks an den Genitalien, Aufhängen an den Armen und Stockschlägen auf die Füße, bis er ein Geständnis unterschrieb. Nach dem Polizeigewahrsam stellten zwei Ärzte Schwellungen und Blutergüsse am ganzen Körper fest. Der Türke erstattete drei Anzeigen gegen die Polizisten, die alle ergebnislos zu den Akten gelegt wurden. Er selbst wurde im November 1996 von einem so genannten Staatssicherheitsgericht zu zwölf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Im April 2003 wurde er auf Bewährung entlassen.
Bei dem zweiten Kläger handelt es sich um einen 47 Jahre alten Türken, der seit einem Verkehrsunfall auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Er wurde im Juli 2001 wegen Zugehörigkeit zu einer verbotenen marxistisch-leninistischen Partei festgenommen und trotz seiner schweren Behinderung inhaftiert. Im Gefängnis war der Mann, der weder alleine essen noch zur Toilette gehen kann, völlig auf seine Mithäftlinge angewiesen. Obwohl ihm Gerichtsmediziner eine dauerhafte Behinderung bescheinigten, wurde er im Dezember 2002 zu lebenslanger Haft verurteilt. Mitte Juni 2004 wurde er vom türkischen Staatschef begnadigt. Die Umstände, unter denen der schwer Kranke drei Jahre lang im Gefängnis ausharren musste, rügte der Straßburger Gerichtshof als Misshandlung.
Das dritte Urteil richtet sich gegen die Auflösung der Demokratischen Volkspartei (DKP) durch den türkischen Verfassungsgerichtshof. Er hatte diese Entscheidung im Februar 1999 mit dem Programm der Partei begründet, in dem die Existenz nationaler Minderheiten in der Türkei anerkannt wird. Damit ziele die DKP auf die Zerstörung der Integrität der Nation ab, urteilten die Verfassungsrichter. Diese Entscheidung wertete der Gerichtshof für Menschenrechte als Verstoß gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit – zumal die DKP in ihrem Programm nicht zu Gewalt aufgerufen habe.