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Per Zuschauer-SMS zur Spenderniere

Niederlande - Drei Schwerkranke wetteifern am Freitag in einer Reality-Show um eine dringend benötigte Organspende. Trotz heftiger Proteste soll die Sendung ausgestrahlt werden.   |  Regierung geht nicht gegen Show vor | Mehr Organspender benötigt | In Österreich nicht möglich

Ungeachtet massiver Proteste will der niederländische Fernsehsender BNN eine Reality-Show über eine todkranke potenzielle Spenderin ausstrahlen, die aus drei Bewerbern den „glücklichen Gewinner“ ihrer Niere auswählt. Die für Freitag geplante „Big Donor Show“ solle ein Schlaglicht auf die prekäre Organspende-Situation in den Niederlanden werfen, erklärte BNN am Dienstag. Kritiker nennen die geplante Sendung dagegen unethisch und geschmacklos.

Die von Endemol NV („Big Brother“) produzierte „Big Donor Show“ will einem von drei Kandidaten die Hoffnung auf eine neue Niere erfüllen. Zur Verfügung gestellt werden soll sie von einer nur als „Lisa“ bezeichneten 37 Jahre alten Frau, die unter einem inoperablen Hirntumor leidet. „Lisas“ Niere solle noch vor ihrem Tod transplantiert werden, erklärte BNN-Sprecherin Marieke Saly. Nur so sei nach niederländischen Gesetzen sichergestellt, dass das Organ dem von ihr ausgewählten Spender zugute komme. Garantiert werden könne der Eingriff allerdings nicht. Die zweite Niere könne nach „Lisas“ Tod an einen Patienten auf der Warteliste für Organspenden gehen.

Während der Sendung soll die 37-Jährige Interviews mit den drei Bewerbern, ihren Familien und Freunden hören. Die Zuschauer können anschließend über SMS abstimmen, wen sie für den „geeignetsten“ Empfänger des Spenderorgans halten. Solche SMS in TV-Shows kosten in der Regel rund einen Euro, einen genauen Preis nannte Saly nicht. Darüber entscheiden, „wer der Glückliche ist“, werde allerdings allein „Lisa“, betonte BNN.

„Wir wissen, dass dieses Programm super kontrovers ist und dass es einige Leute als geschmacklos ansehen werden, aber wir glauben, dass die Realität noch schockierender und geschmackloser ist: Auf ein Organ zu warten ist wie im Lotto zu spielen“, erklärte der BNN-Vorsitzende Laurens Drillich. Seinen Angaben zufolge warten Patienten in den Niederlanden im Schnitt mehr als vier Jahre lang auf ein Spenderorgan. Jedes Jahr sterben 200 von ihnen, weil sie die rettende Transplantation nicht rechtzeitig erhalten.

Der Abgeordnete Joop Atsma von den Christdemokraten wollte die Regierung auffordern, die Ausstrahlung der Reality-Show zu verhindern. „Ich will das stoppen. Das ist wirklich nicht erlaubt“, sagte Atsma am Samstag dem Radiosender NOS. „Wie werden sich die beiden abgelehnten Kandidaten wohl nach der Ausstrahlung fühlen?“

Auch die EU-Kommission, die am (morgigen) Mittwoch Richtlinien zu Organspenden veröffentlichen will, kritisierte die geplante Sendung. Es sei ziemlich geschmacklos, eine Reality-Show über ein derart ernstes Thema zu zeigen, sagte EU-Sprecher Philip Tod.

Paul Beerkens vom niederländischen Nieren-Institut erklärte, es sei zwar „fantastisch“, dass BNN auf das Problem der fehlenden Spenderorgane hinweise. „Aber die Art, wie sie das machen, ist definitiv nicht unsere Wahl“, sagte Beerkens der Nachrichtenagentur ANP.

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