Wien: Riesiger Drogenring gesprengt
Nicht einmal das geplante Wochenende in Hinterstoder – Zwischenstopp auf dem Weg von den Niederlanden nach Wien – war ihm mehr vergönnt: Die Polizei nahm den Mann in dem oberösterreichischen Fremdenverkehrsort unter dem Verdacht des Drogenschmuggels fest, stellte in seinem Gepäck 43 Kilo Cannabis sicher und hatte damit das älteste mutmaßliche Mitglied eines offenbar mehr als 130 Personen umfassenden Suchtgiftrings dingfest gemacht.
Der im Mai erfolgten Festnahme des 71-Jährigen waren rund einjährige Ermittlungen durch das Wiener Kriminalkommissariat Mitte (Gruppe Ertlbauer) vorangegangen, in deren Rahmen 58 Personen in U-Haft wanderten. Die eigentlich aus drei kooperierende Gruppen bestehende Organisation soll 800 Kilo Cannabis und fünf Kilo Kokain aus den Niederlanden und aus Serbien nach Wien geschmuggelt und in mehreren Bundesländern verkauft haben. Gesamtwert: 8,3 Millionen Euro.
Sichergestellt wurden fast 65 Kilo Haschisch, mehr als 57 Kilo Marihuana, über eineinhalb Kilo Kokain sowie etwas Heroin und Designerdrogen im Straßenverkaufswert von 1,3 Millionen Euro; dazu fast 100.000 Euro Bargeld, gefälschte Dokumente und, da ein Teil der Organisation auch in anderen illegalen Geschäftsfeldern tätig war, Einbruchswerkzeug, gestohlene Markenbrillen und Falschgeld.
Außerdem gefunden: Sieben Pistolen, drei Schlagringe und eine Stahlrute. Besonders der laut Major Martin Roudny vom KK Mitte aus Restjugoslawien stammende Teil der Organisation soll sich durch große Gewaltbereitschaft hervorgetan haben. So sei es vorgekommen, dass einem Randmitglied ein Bohrer an den Kopf gesetzt und gedreht worden sei.
Zwei der Gruppierungen bestanden im Wesentlichen aus Österreichern, wobei die jüngeren für den Vertrieb der Drogen zuständig waren und die älteren für den Schmuggel. Zum Transport der in den Niederlanden beschafften Drogen wurde eigens eine Spedition gegründet und ein Sattelzug geleast. Im Sinne der perfekten Organisation pflegte ein anderes Fahrzeug in einiger Entfernung vorzufahren und allfällige Polizeikontrollen zu melden.
Der 71-jährige Deutsche soll acht oder neun Mal als Drogenkurier unterwegs gewesen sein und 170 Kilo Cannabis geschmuggelt haben. Der einst als Autohändler in den Konkurs geschlitterte und noch immer auf einem Schuldenberg sitzende Mann aus dem Raum Düsseldorf war österreichischen Drogenhändlern von deutschen Kollegen als zuverlässiger Transporteur empfohlen worden, erläuterte Roudny. Ursprünglich hatte er pro Kilo 300 Euro bekommen. In Österreich hat ers ein bisschen billiger geben müssen.
Daneben betrieben Mitglieder der Organisation eine Marihuana-Plantage im burgenländischen Stoob, keine sehr große, wie Roudny berichtete. Wenn es dort blüht, hält man es drinnen nur eine Viertelstunde aus, dann tränen die Augen und man ist guter Dinge.
Sozusagen Nebenprodukt der Ermittlungen: Die Kriminalbeamten klärten 24 Einbruchsdiebstähle, 16 davon in Firmenfahrzeuge, bei denen es die Täter auf Arbeitsgeräte abgesehen hatten, sowie einen Raubüberfall im Bereich eines Wettbüros.