Jugendlicher stiftete Mithäftlinge zu Vergewaltigung an
Die beiden Begleitlehrerinnen wohnte zusammen mit 13-jährigen Schülerinnen und Schüler einer Verhandlung bei, bei der es um einen im Wiener Landesgerichtlichen Gefangenenhaus misshandelten Burschen ging, der von Mithäftlingen auch sexuell missbraucht worden war.
Außergewöhnlich war auch, dass das zum Tatzeitpunkt 16 Jahre alte Opfer im Zeugenstand eingehend zum inkriminierten Geschehen befragt wurde. An sich ist in solchen Fällen eine kontradiktorische Einvernahme in gerichtlichen Vorverfahren vorgesehen, auf die Opfer von Sexualdelikten auch ohne entsprechenden Antrag ein Recht haben. In der Hauptverhandlung wird dann nur mehr die mitgeschnittene DVD abgespielt, womit dem oder der Betroffenen ein Zeugenauftritt in der Hauptverhandlung erspart bleibt.
Im gegenständlichen Fall wurde das Opfer sogar im Beisein des um rund ein Jahr älteren Angeklagten einvernommen, der dabei beim Grimassenschneiden beobachtet werden konnte. Der 16-Jährige war im vergangenen September nach mehreren Autoeinbrüchen festgenommen worden, die er zur Finanzierung seiner Suchtgiftabhängigkeit begangen hatte. Nach zwei Wochen U-Haft wurde er in eine Sechs-Mann-Zelle verlegt, wo er ab dem zweiten Tag über Wochen von den übrigen einsitzenden Burschen gequält und gedemütigt wurde.
Man zwang ihn zu einer Abart des Blinde Kuh-Spiels, indem man ihm einen Polsterbezug überstülpte, ihn am ganzen Körper schlug und mit Tritten traktierte. Man führte ihn in den WC-Bereich und drückte seinen Kopf in die Klomuschel. Am Abend vor seiner Haftprüfung, als seine Enthaftung praktisch vor der Tür stand, wurde er von drei Zellengenossen zum Oralsex genötigt.
Während die übrigen Beteiligten in erster Instanz bereits abgeurteilt sind – die Haupttäter, die wenig später einen weiteren Mitgefangenen unter anderem mit einer Klobürste und einem Besenstiel gefoltert hatten, wurden zu je einem Jahr unbedingter Haft sowie zwei Jahren auf Bewährung verurteilt -, kam heute zum Abschluss jener 17-Jährige an die Reihe, der die Vergewaltigung initiiert hatte, indem er in der Zelle dem späteren Opfer eine Androhung von Oralsex zurief. Die anderen setzten das postwendend in die Tat um.
Er habe damit von sich ablenken wollen, weil er Angst gehabt hätte, selbst Opfer zu sein, so der Beschuldigte zum Schöffensenat: Ich wollte, dass sie mich in Ruhe lassen. Er gab auch zu, den jüngeren Mithäftling immer wieder geschlagen zu haben. Auf die Frage, warum ausgerechnet diesem so übel mitgespielt wurde, antwortete er: Er war der Ruhigste in der Zelle.
Ich bin die meiste Zeit einfach in meinem Bett gelegen und wollt meine Ruhe haben, erklärte der 16-Jährige im Zeugenstand. Er habe sich nicht gewehrt, weil ich Angst ghabt hab. Vor allen gleichzeitig. Die haben alle zusammengeholfen und waren nur aufs mich Quälen aus.
Der 17-Jährige – wegen schweren Raubes und anderer Delikte bereits zu 23 Monaten Haft, davon sechs Monate unbedingt verurteilt – erhielt wegen schwerer Körperverletzung, Nötigung und Tatbeitrags zur Vergewaltigung eine Zusatzstrafe von acht Monaten Haft. Das Gericht sah ihm diese unter Setzung einer Probezeit bedingt nach. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Für das Opfer – der Bursch hatte 4.000 Euro Schmerzengeld geltend gemacht, womit er vom Senat auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde – war das Strafausmaß nicht nachvollziehbar: Ich bin für vier Autoeinbrüche zu acht Monaten verurteilt worden! Unbedingt! Die insgesamt zwei Monate U-Haft wurden ihm auf seine Strafe angerechnet, die restlichen sechs vorläufig ausgesetzt: Der Jugendliche hat sich zu einer stationären Drogen-Therapie entschlossen, sollte diese erfolgreich verlaufen, wird ihm das offene halbe Jahr endgültig nachgesehen.