Großer Empfang für "Atlantis"
Nach der glücklichen Landung am Freitag in Kalifornien flogen die sechs Männer und die Langzeitastronautin Sunita Williams am Samstag zurück zum Johnson Space Center der NASA in Houston (Texas).
Nach fast 195 Tagen im All konnte die 41-Jährige schon wieder auf wackligen Beinen gehen. Mit roter Baseball-Mütze auf dem Kopf, Tränen in den Augen und stockender Stimme appellierte sie während einer kurzen Zeremonie an junge Frauen, ihr nachzueifern. Es gibt viele vor mir und nach mir, die es auch schaffen können, sagte Williams.
Weil das Wetter in Florida wie so oft zuvor nicht mitgespielt hatte, landeten die sieben Astronauten am Freitag um 12.49 Uhr Ortszeit (21.49 MESZ) bei schönstem Sonnenschein auf der US-Luftwaffenbasis Edwards in Kalifornien. Willkommen zu Hause und Gratulation zum großartigen Einsatz, dankte das Kontrollzentrum.
Während die Crew von Kommandant Rick Sturckow eineinhalb Stunden nach der Landung wieder sicheren Schrittes die Raumfähre umrundete, fehlte die indischstämmige Astronautin auf dem Gruppenbild. Williams hatte 194 Tage und fast 19 Stunden ohne Unterbrechung im All verbracht – eine so lange Zeit wie noch nie eine Frau vor ihr. Wie alle Langzeitastronauten vor ihr konnte sie nach der Landung noch nicht gehen, weil sich ihr Körper erst wieder an die Schwerkraft gewöhnen musste. Die Umstellung dauert in der Regel einen Monat.
Williams freute sich am Samstag, nach sechseinhalb Monaten ihren Ehemann und ihren Hund wiederzusehen. Auf den Strandspaziergang, den sie sich auf der Raumstation so sehnlich gewünscht hatte, muss sie wohl etwas länger warten als auf die Erfüllung ihrer beiden anderen Wünsche: eine Pizza und ein Haarschnitt. Sie werde wohl demnächst eine flachere Frisur haben, scherzte Suni, deren Haare ein halbes Jahr lang in der Schwerelosigkeit über ihrem Kopf schwebten und manchmal sogar die Kamera an Bord der Raumstation verdeckt hatten.
Während die Crew wieder zu Hause bei der Familie in Houston ist, muss das Shuttle nun huckepack auf einer Boeing nach Cape Canaveral an die Ostküste zurückkehren. Die zweitägige Reise zum Kostenpunkt von einer Million Dollar (743.992 Euro) soll am nächsten Donnerstag beginnen.
Hinter der Crew liegen 14 denkwürdige Flugtage, die ein Dramaturg wohl kaum spannender hätte inszenieren können. Nach drei Monaten Verzögerung wegen eines defekten Außentanks startete die Atlantis schließlich perfekt. Weil auf der Internationalen Raumstation ISS ein störrisches Sonnensegel klemmte und am Shuttle eine Isoliermatte repariert werden musste, bekamen die Astronauten zwei Tage Extraarbeit aufgebrummt. Dann hielt das Computerchaos im russischen Teil der Raumstation alle in Atem. Und zum Schluss musste die Crew noch einen Tag länger im All bleiben und 16 Ehrenrunden um die Erde drehen, weil Schlechtwetter-Fronten über Florida hinwegzogen.
Unter dem Strich wurde der mehr als neun Millionen Kilometer lange Flug der Atlantis zu einem der erfolgreichsten und geht in die Rekordbücher ein. Ich ziehe den Hut vor dem Team, sagte der stellvertretende NASA-Direktor Bill Gerstenmaier. Selbst der Ärger mit den Computern hat für ihn etwas Gutes, weil daraus Nutzen für die Zukunft zu ziehen sei. Gerstenmaier denkt dabei nicht nur unmittelbar an die Rechner im europäischen Raumlabor Columbus, das im Dezember zur ISS transportiert werden soll, sondern auch an Vorsorgemaßnahmen, wenn die NASA wieder zum Mond fliegt.
Die 350 Kilometer über der Erde kreisende ISS ist nach dem Weltraumeinsatz der Atlantis schwerer und größer als zuvor. Die Crew montierte ein 17,5 Tonnen schweres Trägersegment mit über 70 Meter langen Solarpaneelen. Drei der vier neuen Sonnensegel sind jetzt gehisst. Damit kann die ISS genügend Sonnenenergie für die Forschung in neuen Weltraumlabors speichern.
Am 6. Dezember soll die Atlantis, der Lastesel unter den Raumfähren, zum zweiten Mal in diesem Jahr starten. Das Space-Shuttle bringt dann das Europäische Raumlabor Columbus und den deutschen ESA-Astronauten Hans Schlegel zur Raumstation.
Zuvor muss aber noch Hand an die Grundausstattung der Raumstation gelegt werden. Am 9. August will die NASA nach fast fünfjähriger Pause wieder ihre Raumfähre Endeavour auf die Reise schicken. Am 20. Oktober transportiert die Discovery das Verbindungsteil Harmony zur ISS. Das Segment sieht aus wie eine riesige Röhre, ist etwas mehr als sieben Meter lang und wird ähnlich wie ein Seitenanbau eines Hauses rechts an der Raumstation angedockt. Harmony ist wie ein Modul, an dem nicht nur Columbus, sondern im Frühjahr 2008 auch die beiden japanischen Forschungs- und Experimentierlabore Kibo angebracht werden.